Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 49. Sitzung / Seite 156

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Wenn daher die Bundesregierung aufgefordert wird, ein Recht, das nur sie hat, das leider eine kleinere Gruppierung nicht hat, was wahrscheinlich auch geändert werden sollte, auszuüben, dann soll die Bundesregierung dieses Recht auch tatsächlich ausüben. Überdies gibt es sehr wohl – und auch da irren Sie – ein Prinzip, daß die Landesverfassungen im Prinzip und im Kern der Bundesverfassung entsprechen müssen, ihr jedenfalls nicht widersprechen dürfen.

Es geht hier nur darum, eine sich aus der geänderten politischen Situation und aus den geänderten Begründungen ergebende sinnvolle Anfechtung dieser Wahlordnung zuzulassen. Das heißt noch nicht, daß ein bestimmtes Ergebnis herauskommt. Aber denjenigen, die von vornherein sagen: Es darf nicht geprüft, es darf nicht kontrolliert werden!, werfe ich heute und hier einen Mißbrauch ihrer Macht vor. (Beifall bei den Grünen.)

Eines wissen Sie ja auch genau: daß gerade in Kärnten – und das sage ich vor allem an die Adresse der sozialdemokratischen Fraktion – die politische Situation heute bereits von drei Mittelparteien geprägt wird. Das birgt natürlich ein sich selbst verstärkendes Prinzip in sich, das gegen kleinere Gruppierungen wirkt. Denn wer eine dieser drei Gruppierungen nicht will, der kann ja praktisch keine kleinere Gruppierung wählen, wissend, wie hoch diese Hürde liegt, denn das könnte bedeuten, daß die Stimme letztlich gar nicht zählt.

Das ist ein patentes Rezept, um die Opposition nicht größer werden zu lassen. Aber, meine Damen und Herren, das ist ein Prinzip, das auch Sie selbst betrifft. Die beschämenden Vorfälle rund um die letzte Bestellung des Landeshauptmannes – Geheimverträge, Abreden, angeblich gebrochen oder auch nicht – waren ein Schauspiel, bei dem ganz Österreich, und zwar nicht bewundernd, nach Kärnten geschaut hat. Die Möglichkeit eines derart beschämenden Schauspiels zementieren Sie ein, indem Sie echte Pluralität nicht zulassen, ja nicht einmal zulassen, daß das geprüft wird – bei offenem Ergebnis. (Abg. Wurmitzer: Das wurde schon geprüft!) Nein, das wurde nicht geprüft! Aber wenn Sie so sicher sind, Herr Abgeordneter Wurmitzer, dann lassen Sie es doch zu! Lassen Sie es doch zu! Lassen Sie nur zu, daß im Ausschuß offen diskutiert wird. Fristsetzung heißt ja nicht, daß Sie zustimmen müssen. Auch in diesem Punkt scheinen Sie das Wesen der Geschäftsordnung und der Verfassung zu verkennen.

Eines stimmt mich im Lichte der Stellungen der drei anderen Parteien, die diesen Antrag nicht gestellt haben, ganz besonders traurig. Merken Sie denn nicht, was jetzt hier passiert? – Daß in vielen Punkten – nicht nur bei der Kärntner Landtagswahlordnung, auch wenn es etwa um das passive Wahlrecht für ausländische Studierende geht, auch wenn es um die Diskussion über die Homosexualität geht – die FPÖ, aus welchen Gründen auch immer – taktische, strategische –, immer moderatere Töne anstimmt, immer mehr in die Mitte drängt, und daß Sie es sind, die wirklich in einem reaktionären Eck stehen, und daß Sie eine lebendige Demokratie immer mehr zu verhindern trachten, weil Sie sie fürchten? (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.)

18.08

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es liegt keine Wortmeldung mehr vor. Die Debatte ist geschlossen.

Ich bitte, die Plätze einzunehmen.

Ich lasse jetzt abstimmen über den Antrag der Abgeordneten Dr. Schmidt, Dr. Petrovic und Genossen, dem Verfassungsausschuß zur Berichterstattung über den Entschließungsantrag 275/A (E) der Abgeordneten Dr. Schmidt, Dr. Petrovic und Genossen betreffend Anfechtung der Kärntner Landtagswahlordnung beim Verfassungsgerichtshof eine Frist bis 15. Jänner 1997 zu setzen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Fristsetzungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit . Der Antrag ist abgelehnt.


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