Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 55. Sitzung / Seite 23

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Wir haben zweitens auch internationale Beispiele. Ich darf nur auf die staatliche Crédit Lyonnais verweisen, eine französische Großbank, die so lange expandierte, bis sie in der Welt die Nummer eins gewesen ist und insgesamt 20 Milliarden französische Francs an Verlusten angehäuft hatte, die durch Abverkäufe, durch dramatische Einschnitte und Milliarden an Sanierungshilfen wiederum gedeckt wurden.

Mit dem Eintritt der Volkspartei in die Regierung wurde das österreichische Verstaatlichungskonzept geändert, und wir haben gemeinsam mit unserem Koalitionspartner eine erfolgreiche Privatisierungsstrategie umgesetzt. Daher muß man das Ermächtigungsgesetz aus dem Jahre 1991, also aus einer früheren Gesetzgebungsperiode, im Zusammenhang mit dem geltenden Koalitionsabkommen interpretieren, in dem vom "bestmöglichen Verkauf" die Rede ist. Daß dies nicht alleine der Preis sein kann, ist klar, denn sonst hätte man ja "Meistbieter" oder "Höchstangebot" hineinschreiben müssen.

Unsere Präferenz – ich sage das hier ganz offen, auch nachdem es eine Einigung gibt, die sicher nicht leicht zustande gekommen ist – gehörte eigentlich von Anfang an einer breiten Publikumsstreuung, einer großen Publikumsgesellschaft Creditanstalt-Bankverein, die an der Börse notiert, aber auch einen strategischen Kernbereich von institutionellen Anlegern hat.

Immer wieder wurden allerdings gerade diese Versuche, eine Publikumsgesellschaft auf die Beine zu stellen, von früheren Finanzministern abgelehnt, und eines sage ich heute schon ganz offen: Hätte man bereits 1991 oder 1990 mit diesem Versuch begonnen, Ernst gemacht, dann hätte man – in mehreren Etappen – genau dieses Konzept bis heute längst verwirklichen und durch die Zinsgewinne wahrscheinlich insgesamt mehr für das Budget und damit für die Steuerzahler erlösen können, als das heute mit dem vom Preis her absolut in Ordnung seienden Angebot der Bank Austria der Fall ist.

Das ist nicht gegangen – ich gebe es zu –, weil das von früheren Finanzministern eben nicht gewollt war. Wir hatten bei der jetzigen Strategie, die CA an die BA zu verkaufen, immer wieder Bedenken. Wir von der ÖVP waren aber die einzigen, die diese Bedenken hatten; vier Fraktionen waren anderer Meinung. Es sei aber in einer offenen und sachlichen Diskussion auch angesprochen, worin denn diese Bedenken bestanden haben. Viele Kommentatoren schreiben ja jetzt auch immer wieder darüber und weisen darauf hin, da könnte etwas sein, und decken damit eigentlich vieles, was wir argumentativ öffentlich zu vermitteln versucht haben.

Das erste Bedenken war ein wettbewerbs- und ordnungspolitisches. Wenn Creditanstalt und Bank Austria jetzt zusammengehen, entsteht damit tatsächlich – der Bundeskanzler sagte es bereits – ein europäischer Riese, der mit seiner Bilanzsumme und allem, was dazugehört, zu den Top 30 vorstößt.

Man muß aber auch sehen, daß dann diese neue Großbank de facto dreimal, ja viermal so groß ist wie der nachfolgende dritte Riese. Das kann durch die Übermacht eines Players auf dem Wirtschafts- und Kapitalmarkt wettbewerbspolitisch durchaus ein Problem sein, zumal man weiß, daß davon auch Investmentbanken betroffen sind, daß das natürlich auch den Wettbewerb der Konditionen beeinflußt und daß davon auch ein Industriebesitz von 500 Firmen mit etwa 50 000 Mitarbeitern und einer Bilanzsumme von rund 100 Milliarden Schilling betroffen ist.

Es sage niemand, daß man derartige Bedenken leicht hinwegwischen kann. Es waren also ausschließlich sachliche Bedenken, die wir in diesem Zusammenhang vorgebracht haben. (Zwischenruf bei den Freiheitlichen.)

Das zweite Argument waren wirtschaftspolitische Bedenken. Ist es denn wirklich so einfach für die Bank Austria, 17 Milliarden Schilling aus dem eigenen Vermögen einfach hinzulegen? Das bedeutet – so angenehm es für das Budget ist, daß man sozusagen 17 Milliarden Schilling auf einen Schlag bekommt –, daß diese 17 Milliarden Schilling in der Substanz dieses Bankenriesen fehlen. Kann man das verantworten? Könnte dadurch nicht eine Risikosituation entstehen, die unter Umständen auch die Arbeitsplatzsituation betrifft, vielleicht sogar – wie es auch in manchen Zeitungen geschrieben wurde; und ich meine, das sind ehrliche Befürchtungen – zum Verlust von 3 000 bis 4 000 Arbeitsplätzen führen könnte?


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