Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 55. Sitzung / Seite 25

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weisungsfreien, unabhängigen Treuhänder zu übergeben und damit ernst zu machen mit dem Rückzug der Politik aus der Bankenwelt.

Wir haben darauf bestanden, daß die notwendigen Beschlüsse der AVZ innerhalb von vier Wochen fallen, sonst müßte der Gesamtverkauf rückabgewickelt werden. (Abg. Mag. Stadler: Ja wie denn? – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Mit Zustimmung der AVZ, mit Zustimmung der Bank Austria, die ja diese Vereinbarung mit unterzeichnet hat.

Ich meine daher, daß diese Entpolitisierung, daß der Rückzug der Politik auch aus der Bank Austria – dabei ist nicht zu vergessen, daß auch 56 Prozent GiroCredit-Aktien davon betroffen sind, die von der Bank Austria jetzt zur Gänze angeboten werden müssen – ein ganz wichtiges Argument ist.

Weiters: Die Eigenständigkeit der Creditanstalt bleibt mindestens für die nächsten fünf Jahre erhalten. Es wurde vereinbart, daß kein Abverkauf, kein Filetieren der Creditanstalt stattfindet, um so den Kaufpreis hereinbringen zu können. Es wurde vor allem den Mitarbeitern die Sicherheit gegeben, daß sie nicht deshalb gekündigt werden, weil der Kaufpreis verdient werden müsse. Über den natürlichen Abgang hinaus haben sie die Sicherheit ihres Beschäftigungsverhältnisses, und das halte ich für ganz entscheidend. (Beifall der ÖVP.)

Zusätzlich wird es eine umfassende Reform des Börseplatzes Wien geben, weiters Bestimmungen zum Schutz der Kleinaktionäre, Barabfindungen für Kleinaktionäre, ein neues Privatisierungsgesetz, das Alleingänge ausschließt und die ganze Bundesregierung einbindet, und es ist auch dem Parlament gegenüber nachträgliche Rechenschaftspflicht gegeben; ebenso wird ein Haftungsentgelt zum Schutz der Steuerzahler vereinbart. Weiters stehen zusätzlich insgesamt 3 Milliarden Schilling für Technologie und Forschung zur Verfügung, die – davon bin ich überzeugt – der Stärkung des Wirtschaftsstandortes Österreich guttun werden.

Wir laden alle Fraktionen dieses Hauses ein, an der Umsetzung dieser Regierungsvorlagen mitzuarbeiten. Vieles deckt sich ja auch mit den Vorschlägen, die Sie selbst in den letzten Wochen und Monaten hier gemacht haben.

Die Entscheidung ist gefallen, und ich sage offen, es ist gut, daß sie gefallen ist, denn diese quälende, mühsame Geschichte war in den letzten Jahren nicht mehr erträglich und hat allen Beteiligten – den Bankinstituten, den Kunden, den Mitarbeitern – nicht gutgetan.

Ich sage aber auch ganz offen: Jetzt wird es an den neuen Eigentümern liegen, zu beweisen, daß erstens dieser neue Börsen- und Bankenriese tatsächliche eine Größe hat, die zum Erfolg führt, und nicht eine Größe, die das Risiko schlagend macht. Wir werden alles tun, damit sich diese Hoffnung, daß das eine Erfolgsgeschichte wird, auch tatsächlich erfüllt, und zwar gerade im Vorfeld der Wirtschafts- und Währungsunion.

Zweitens liegt es an den neuen Eigentümern, zu beweisen, daß sie eben nicht nur den bloßen Shareholder value im Auge haben, sondern daß sie gesamtwirtschaftlich denken, daß sie bei dieser Übernahme mit der notwendigen Sensibilität und Verantwortung den Kunden und den Mitarbeitern der Creditanstalt gegenüber vorgehen.

Klar ist: In der Bankenwelt – so auch bei der CA und der Bank Austria – sind das wichtigste und wertvollste Kapital nicht das Geld, nicht der Besitz, nicht die Beteiligungen, sondern die Menschen, die dort arbeiten, die Kunden, die ihr gutes Geld dorthin tragen oder von dort Kredite nehmen. (Beifall bei der ÖVP.)

Drittens wird es an den neuen Eigentümern liegen, zu beweisen, daß politischer Einfluß nicht stattfindet. Ich sage auch hierzu ganz offen: Es wird sehr davon abhängen, ob wirklich ein unabhängiger, weisungsfreier Treuhänder eingesetzt wird, ob die Gemeinde Wien, die AVZ auf Einflußmöglichkeiten verzichten. Das wird man ja sehr bald sehen. Bei der Besetzung der Organe, des Aufsichtsrates, der Vorstände, bei der zweiten und dritten Führungsebene wird es die Nagelprobe hinsichtlich des Rückzuges von politischem Einfluß geben.


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