Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 55. Sitzung / Seite 27

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Ich glaube jedoch, daß das Mißtrauen zwischen den beiden bleiben wird, denn all das, was beide gesagt haben, zeigt ja, daß zwischen diesen Koalitionsparteien viel Sand im Getriebe ist. Vor allem die öffentlichen Erklärungen werden Anlaß zu weiterem Mißtrauen geben. Ich denke etwa nur daran, daß Klubobmann Khol von der ÖVP gesagt hat, man werde sehr argwöhnisch den Koalitionspartner überwachen. Und Kostelka gab zurück, die ÖVP sei eben ein labiler politischer Charakter. Sie müsse ihre Eskapaden einstellen, und er hoffe, daß die ÖVP endlich die Lektion gelernt habe, die ihr jetzt erteilt worden sei.

Das ist nicht gerade ein Klima des Vertrauens, das zwischen den beiden Koalitionsparteien herrscht, und ich glaube, daß Busek selten recht hatte, aber wenn er heute in einem Zeitungskommentar schreibt, das sei der "Anfang vom Ende dieser großen Koalition", wird er nicht so falsch liegen. Denn eine Regierung, meine Damen und Herren, die sich wochenlang selbst lähmt, nur weil eine Bank zu privatisieren, zu verkaufen ist, und die dabei vergißt, daß wir uns in einer Situation befinden, in der die Arbeitslosigkeit, in der die Inflation steigt, daß wir einen Höhepunkt an Firmenpleiten haben, einen Ausverkauf der heimischen Wirtschaft wie nie zuvor miterleben müssen – eine solche Regierung ist wirklich fehl am Platze! Eine solche Regierung kann wirklich nicht mit Vertrauen ausgestattet werden! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Mit uns Freiheitlichen wollte die Österreichische Volkspartei hier und heute im Parlament eine Privatisierungsinitiative durchführen. Das wäre natürlich etwas anderes gewesen! Sie hätten Mut für wirkliche Reformen gebraucht, meine Damen und Herren. Sie hätten den Willen zur Entpolitisierung gebraucht, und Sie hätten vor allem auch die Kraft benötigt, Ihrem Koalitionspartner zu sagen: Der rote Machtanspruch, den ihr erhebt, wird sich nicht so verwirklichen, wie ihr euch das vorgestellt habt!

Aber diese Kraft haben Sie nicht gehabt – und das ist bei der ÖVP ein bißchen das Problem. Sie haben ja schon mehrmals solche Initiativen begonnen, so etwa vor der letzten Nationalratswahl: Man gab das große Versprechen ab, es werde einen Richtungswechsel geben – um dann bald wieder den Sozialisten in die Arme zu fallen und die große Koalition fortzusetzen. (Abg. Dr. Maitz: Das ist Demokratie!) Wo ist denn unter dem Sozialismus und unter Führung einer sozialistischen Regierung, Herr Kollege, der Richtungswechsel in diesem Land geblieben?! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wo ist denn der versprochene Kurswechsel? Wo ist der Richtungswechsel in Wien gewesen, wo erstmals nach 90 Jahren die Sozialdemokratie die absolute Mehrheit verliert – und die ÖVP nichts Besseres zu tun hat, als nun mit den paar ÖVP-Leuten, die noch übriggeblieben sind, einen roten Bürgermeister in Wien zu stärken?

Das, meine Damen und Herren, ist ja wirklich nicht das, was sich Ihre Klientel von Ihnen erwartet. Da nützt das ganze Gerede von der Kriegsführung, das vor dieser Bankentscheidung von Ihnen zu hören war, überhaupt nichts.

Kollege Schüssel hat gesagt, er sei zu einer einseitigen Abrüstung bereit. Bitte, das, was da herausgekommen ist, war keine einseitige Abrüstung, sondern die nackte Kapitulation der ÖVP, die all das, was sie sich vorgenommen hat, weggegeben hat! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie haben mitgeholfen, daß das, was mit uns möglich gewesen wäre, nicht stattfindet, nämlich eine echte Privatisierung, daß aber auf der anderen Seite das, was Sie verhindern wollten, nämlich eine sozialistische Vormacht im Banken- und Kreditbereich, jetzt tatsächlich möglich wird.

Meine Damen und Herren! Die SPÖ hat gut vorgesorgt. Sie hat für die Zeit danach vorgesorgt, Herr Kollege Kukacka. Wenn sie einmal nicht mehr in der Regierung ist, dann hat sie wenigstens im Banken- und Kreditbereich eine dominierende Vormachtstellung, die auch durch demokratische Entscheidungen nicht mehr aufgehoben werden kann.

Ein bißchen hat das auch damit zu tun, daß Sie selbst, meine Damen und Herren von der ÖVP, tief darin verstrickt sind. (Zwischenruf des Abg. Dr. Maitz. ) Sie können sich selbst nicht von diesem rot-schwarzen Machtkartell lösen. Der SPÖ werfen Sie die AVZ in Wien vor, die


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite