Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 55. Sitzung / Seite 64

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gemeint haben, die Lösung, die sie aus dem Auftrag des Privatisierungsgesetzes interpretieren, unabhängig von der Meinung eines Mehrheitsbeschlusses in diesem Hause durchziehen zu müssen. Ich sehe dabei eine gewisse Gefahr für unsere Demokratie, für unseren Parlamentarismus heraufdämmern. Es kann nicht so sein, daß ein Mehrheitsbeschluß eines Parlaments – wie auch immer er zustande gekommen ist, vorausgesetzt, er ist formalrechtlich, verfassungsrechtlich richtig zustande gekommen – einfach von Mitgliedern der Bundesregierung als irrelevant bezeichnet und damit weggeschoben wird. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Schieder: Kommen Sie dann bitte zur Sache, zur Anfrage!)

Jetzt komme ich zur Sache – damit habe ich meine Ausführungen auch eingeleitet –, nämlich zu den Struktureffekten, zur Bedeutung dieser Maßnahme und dieses Beschlusses, dieses Verkaufs in der jetzigen Form, und zur Bedeutung für den Wirtschaftsstandort Österreich beziehungsweise möchte ich meine Fragen dazu an den Herrn Wirtschaftsminister richten.

Natürlich hat der Wirtschaftsstandort Österreich eine große Anzahl von Stärken, auf der anderen Seite aber durchaus auch noch seine Schwächen.

Sehen wir uns das Stärke-Schwächen-Profil einmal an, so muß uns klar sein, daß Österreich dank der Wirtschaftspolitik der Bundesregierung – ich unterstreiche das – in den letzten Jahren zu einem international anerkannten, hervorragenden Steuerstandort für unsere Betriebe und Unternehmen geworden ist. (Beifall bei der ÖVP.)

Die Diskussion um Steuerreformen, die jetzt in Deutschland geführt wird, haben wir vor drei, vier Jahren bereits sehr massiv begonnen und zu einem besonders guten Ergebnis geführt.

Daß in unserem Land sozialer Friede herrscht, ist, auch wenn die Opposition – insbesondere die Freiheitliche Partei, aber auch das Liberale Forum – das nicht wahrhaben wollen, auch ein Standortvorteil, der dank der Sozialpartnerschaft herrscht. Auch das ist eine der Stärken unseres Wirtschaftsprofils. Auch die Produktivität der Arbeitskräfte in unserem Land ist dank eines guten Berufsausbildungssystems, und zwar sowohl im Bereich der Mittelschule als auch im Bereich des dualen Ausbildungssystems, ein Vorteil, der uns vor vielen anderen Ökonomien hervorhebt.

Und an die Grünen gerichtet: Auch daß es in unserem wie in kaum einem anderen Land gelungen ist, Umwelt- und Lebensqualität in sehr positiver Art und Weise zu vereinen, gehört zu den Stärken Österreichs. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Wabl: Fragen Sie einmal den Minister etwas!)

Aber wir haben natürlich auch deutliche Schwächen, zweifellos, etwa die Verfahrensdauer im Anlagenrecht. Wir haben Probleme durch zu rigide Arbeitszeitregime; darüber wird ja derzeit intensiv verhandelt. Aber – daher die heutige Anfrage an den Herrn Wirtschaftsminister – wir haben auch Schwächen in der bisher geübten Privatisierungsstrategie.

Herr Bundesminister! Diese Beschlußfassung, einschließlich der 17 Bedingungen, unter denen dieser Verkauf jetzt vollzogen wird, gibt uns auch die Chance, die Privatisierungsstrategie in Österreich zu ändern. Darüber würde ich gerne von Ihnen Bescheid bekommen und Auskunft erhalten.

Es gibt – zugegebenermaßen – auch Schwächen im Finanzplatz Österreich. Wir haben Schwächen in der Eigenkapitalausstattung unserer Unternehmen. Diese können wir nicht allein durch eine entsprechende Steuerpolitik bewältigen. Wir brauchen dazu auch die Risikokapitalbildung, wir brauchen die Eigenkapitalbildung aus der Außenfinanzierung für unsere Unternehmen, um sie gegen Konjunkturlüftlein und Konjunktureinflüsse einigermaßen stabil zu machen. Auch diesbezüglich, auch für die Eigenkapitalbildung in unserem Land, hat dieser Verkauf mit den 17 Bedingungen, die an den Verkauf geknüpft sind, weitreichende Folgen.

Es gibt freilich auch noch Schwächen in der Forschungs- und Innovationsstrategie, in der Innovationspolitik unseres Landes. Ich brauche das als Wissenschaftssprecher nicht zu wiederholen und zu betonen. – Aber die Erlöse, die wir jetzt aus dem CA-Verkauf für das Budget erzielen, dürfen nicht nur kurzfristig zur Sanierung verwendet werden, sondern müssen zu einem be


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