Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 55. Sitzung / Seite 79

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Herr Minister Farnleitner! Ich bin Ihnen dankbar dafür, daß Sie anständigerweise darauf hingewiesen haben, daß Sie für einige der Fragen, die da im Rahmen der Dringlichen Anfrage vorgelegt wurden, nicht zuständig sind. Sie haben dann in Ihrer Stellungnahme eigentlich auch die Beantwortung aller anderen konkreten Fragen verweigert. Das sehe ich ein. Es ist meiner Ansicht nach auch nichts zu beantworten, was über den Stand der Dinge hinausgeht.

Dringlich an dieser Anfrage, die uns hier vorgelegt wurde – es tut mir leid, meine Damen und Herren von der ÖVP, das sagen zu müssen –, sind höchstens die Korrekturen, die dieser Anfrage beigefügt wurden. Die Anfrage nennt sich "dringlich", obwohl das Anliegen, das sie zum Gegenstand hat, schon erledigt ist, nämlich durch den Konsens dessen, der die Anfrage gestellt hat, mit einem anderen. Eine solche Anfrage ist nicht dringlich, meine Damen und Herren!

Das können Sie auch nicht dadurch hineingeheimnissen, daß Sie längerfristige Perspektiven anzufragen versuchen. Meine Damen und Herren von der ÖVP! Wenn Sie wirklich wissen wollten, was dieser Kauf längerfristig zur Wirkung haben könnte, dann hätten Sie sich das schon, bevor Sie diese Einigung mit dem Partner erzielt haben, fragen können. Was wir heute hier erlebt haben, und zwar nicht nur bei der Dringlichen Anfrage, das waren "Szenen einer Ehe" und "Szenen einer enttäuschten Liebschaft", die uns Kollege Trattner sehr trefflich und eindringlich vorgetragen hat.

Meine Damen und Herren! Der Spott über das, was in den letzten Wochen hier in Österreich angesichts der Privatisierung der Creditanstalt-Bankverein passiert ist, ist uns in der internationalen Öffentlichkeit sicher. Ob wir einen Schaden davontragen werden, ob die beteiligten Banken einen Schaden davontragen werden, das wird sich vermutlich in den nächsten Jahren herausstellen. Das wird nicht zuletzt auch davon abhängen, welche Entwicklung diese Fusionierung nehmen wird.

Ich hätte mir gewünscht, meine Damen und Herren, daß wir irgendwann im Verlauf dieser Debatte nur ein einziges Mal über den Grund, den diese Fusionierung auch haben könnte, nämlich den Aufbau einer industriepolitischen Perspektive für dieses Land, diskutiert hätten. Über diesen Aspekt der Fusionierung zweier Großbanken in Österreich ist kein Satz verloren worden. Er taucht auch nicht in den Vereinbarungen zwischen den beiden Regierungsparteien auf.

"Asset-stripping soll vermieden werden", wie das so schön eingekleidet wird. – Aber was heißt das? Was wird mit den industriepolitischen Beteiligungen geschehen? Ich habe nur gehört vom Abgeordneten Nowotny: Alle Arbeitsplätze sind uns gleich viel wert. Dem steht entgegen, was in der Vereinbarung zwischen SPÖ und ÖVP paktiert ist: Die Arbeitsplätze der bei diesen zwei Banken Beschäftigten müssen für fünf Jahre garantiert werden. Aber was geschieht mit den Arbeitsplätzen derer, die in industriepolitischen Beteiligungen beschäftigt sind? Was ist mit denen los, meine Damen und Herren?

Es wäre Ihnen von der Sozialdemokratischen Partei, aber auch Ihnen von der Österreichischen Volkspartei – Ihnen umso mehr – gut angestanden, darauf hinzuweisen und herauszuarbeiten, was die Bank Austria mit ihren industriepolitischen Beteiligungen in den letzten Jahren gemacht hat. Welche Perspektive hat die Bank Austria mit dem Abstoßen ihrer industriepolitischen Beteiligungen verfolgt? – Da ist auf der einen Seite der Anteil an der Hallein-Papier verkauft worden. Da ist die Perlmoser Zement vollständig an einen ausländischen Zementkonzern veräußert worden. Da ist die elektroakustische Firma AKG veräußert worden. Und jetzt kauft sich die Bank Austria über diesen Deal mit der CA wieder in Papierfabriksbeteiligungen ein.

Meine Damen und Herren! Erklären Sie mir, was es auf der Ebene von industriepolitischen Perspektiven und Optionen für dieses Land bedeutet, wenn sich die Bank Austria einen "Gemüseladen" aneignet, und was die industriepolitische Perspektive dieses Bankendeals ist. Ich hätte erwartet, daß uns irgend jemand zumindest mit einem Wort darüber Auskunft gibt, ob es wirklich die Perspektive eines großen Bankenimperiums hier in Österreich ist, daß die Porzellanmanufaktur Augarten mit einigen anderen Beteiligungen fusioniert wird. Das kann es doch nicht gewesen sein!


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite