Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 55. Sitzung / Seite 93

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Und trotzdem wird in dieser Anfragebeantwortung dargestellt, daß die Baufortsetzung Ende Jänner getätigt wird, obwohl der Minister in dieser Anfragebeantwortung auch erklärt, eigentlich in den wesentlichen Bereichen noch nichts beziehungsweise noch viel zu wenig über Detailauswirkungen aktueller geologischer Schwierigkeiten, über die tatsächlichen Kosten et cetera zu wissen.

Sie kennen, Herr Minister, laut dieser Anfragebeantwortung bis heute nicht die exakten Kosten des aktuellen Wassereinbruches, Sie kennen laut dieser aktuellen Anfragebeantwortung bis heute nicht die tatsächlichen Kosten des Sondierstollens, Sie kennen nicht die Kosten, die für die ÖBB durch die Benützungsgebühren entstehen werden, Sie kennen nicht den Anteil der privatwirtschaftlichen Finanzierung, Sie kennen nicht die Bauzeit und die Gesamtkosten des Semmering-Basistunnels, wenn man davon ausgeht, daß die 6,5 Millionen Schilling – Schätzung vor einem Jahr – mit Sicherheit nicht mehr zutreffen.

Zumindest in einem Punkt kann ich Ihnen belegen, daß die Darstellung in der Anfragebeantwortung nicht korrekt ist, nämlich in dem Punkt, wo Sie behaupten, Sie könnten derzeit nichts über die tatsächlichen Kosten des aktuellen Wassereinbruches sagen, der ja seit Ende Oktober gegeben ist. Am 28. November des vergangenen Jahres, Herr Minister, haben Sie im Ministerrat dargestellt, daß als Folgewirkung in Summe mit Kosten von 360 Millionen Schilling zu rechnen ist. In der Anfragebeantwortung jetzt, zwei Monate später, wissen Sie nichts über die Kosten, die dadurch verursacht werden. Das ist entweder eine schlampige Anfragebeantwortung, oder Sie wollen dem Hohen Haus die Karten nicht auf den Tisch legen, wie die Realität tatsächlich aussieht, oder es haben sich in der Zwischenzeit neue Kostenentwicklungen ergeben, die über diese 360 Millionen Schilling hinausgehen. Und auch das sollte das Parlament wissen, meine sehr verehrten Damen und Herren.

Und dann kommen wir bereits zum – für mich – Höhepunkt, zum negativen Höhepunkt dieser Anfragebeantwortung. Wir haben vor einiger Zeit in diesem Haus an dieser Stelle eine meiner Ansicht nach sehr konstruktive Debatte zum Semmering-Basistunnel geführt, und damals war zumindest mein Verständnis Ihrer Darstellung so, daß auch Sie unsere Bedenken, vor den Detailerkenntnissen, die aus einem Sondierstollen zu erzielen sind, bereits mit dem Bau eines Haupttunnels zu beginnen, zumindest verstehen und akzeptieren.

In der Anfragebeantwortung schreiben Sie erstmals definitiv, obwohl Sie eben die großen geologischen Schwierigkeiten vor sich haben, Wassereinbrüche vor sich haben, extreme Mehrkosten vor sich haben, daß der Bau des Haupttunnels unabhängig von der Errichtung des Erkundungsstollens begonnen werden kann. Und das ist ein ganz, ganz wesentlicher Punkt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Minister! Welchen Sinn hat ein Erkundungsstollen, wenn man nicht all die Aussagen, die man bei der Tätigkeit, bei der Erarbeitung dieses Erkundungsstollen erhält – den tatsächlichen Kostenfaktor kann ich ja erst nach der Fertigstellung des Erkundungsstollens wissen –, berücksichtigt, wenn man diese Fragen und diese Antworten und damit den gesamten Bau des Versuchsstollens nicht abwartet, sondern bereits vorher mit dem Bau des Haupttunnels beginnt und damit natürlich Sachzwänge schafft?

Ich halte genau diesen Punkt, meine sehr verehrten Damen und Herren, für verantwortungslos, und das ist der Hauptgrund, warum wir – neben den offensichtlichen Mängeln und teilweise Fehlern in dieser Anfragebeantwortung – diese Anfragebesprechung beantragt haben. Entweder gibt es einen erschreckend geringen Wissensstand über die tatsächlichen Auswirkungen des Projektes – oder wir haben es mit einer Situation zu tun, daß ein Minister dem Parlament erschreckend wenig darüber mitteilt, was er eigentlich über das Projekt weiß.

Wenn das zweite der Fall ist, dann ist es fahrlässig dem Parlament gegenüber, denn hier sitzen die Kontrollore, und hier sollte man Rechenschaft ablegen über die Entwicklungen des Projektes. Wenn jedoch der erste Punkt zutrifft, nämlich daß Sie tatsächlich nicht mehr wissen, als Sie in dieser Anfragebeantwortung darstellen, dann ist meiner Ansicht nach die Baufortsetzung mit Ende Jänner – nach dem Wassereinbruch und nach der Sanierung dieses Wasser


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