Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 57. Sitzung / Seite 95

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Ich meine, daß der "World Competitiveness Report" ein wichtiger Faktor für den Wirtschaftsstandort Österreich ist. Nur: Sie, Herr Minister, haben nicht dazugesagt, daß der Stand Österreichs in diesem Report in den letzten Jahren leider um viele, viele Positionen nach unten revidiert werden mußte. Handeln statt Reden – das scheint mir das Modell zu sein, das wir dieser großen Koalition seit zehn Jahren vorhalten sollten und an das wir sie immer wieder erinnern werden.

Herr Bundesminister! Wir haben nichts davon, wenn Sie als Finanzminister Regierungserklärungen mitunterstützen, die wir 1987 und in den Jahren der Regierung Vranitzky III und IV erlebt haben, in denen überall gescheite und richtige Dinge stehen. Ja warum machen Sie denn diese Dinge nicht? Von wem läßt sich denn diese Bundesregierung, wenn sie schon eine gute Regierungserklärung abgibt, dauernd blockieren? Wo sind denn die mit den Keulen der wohlerworbenen Rechte, die herumlaufen und sagen: Nichts geht mehr, bei mir schon gar nicht!? Das ist doch das Problem!

In Wirklichkeit ist es doch der Reformstau, der das Großartige, das wir erreicht haben, bedroht. Es gibt tatsächlich einen Reformstau. Das wird niemand ernsthaft bestreiten können.

Die Wirtschafts- und Währungsunion, Herr Minister, steht Gott sei Dank bei den staatstragenden Kräften dieses Landes außer Streit. Sie ist eine Notwendigkeit im europäischen Raum, um den europäischen Binnenmarkt zu erfüllen, und sie ist für das exportorientierte Land Österreich unverzichtbar. Aber schön langsam habe ich Bedenken und befürchte, daß Sie gemeinsam mit der Nationalbank mit geschlossenen Augen in die Währungsunion rennen, weil Sie glauben, daß dann das Problem gelöst ist. Sie glauben wirklich, Ihr Problem der Leistungsbilanz noch geschwind in die Währungsunion hinübertragen zu können. Sie glauben wirklich, Ihr Wachstumsdefizit noch geschwind in die Währungsunion hinübertragen zu können. Nur: Dieses Problem bleibt strukturell in diesem Lande bestehen, und das Problem, das bestehen bleibt, wird dann das Zinsniveau dieses Landes beeinflussen.

Momentan glaubt die internationale Anlegerschaft – und ich rufe ihr von diesem Platze aus zu: Solange Schilling und D-Mark zusammengekoppelt sind, hat sie recht, das zu tun! – noch an die Wirtschaftsdaten dieses Landes. Nach dem Einzug in die Wirtschafts- und Währungsunion wird es aber sehr wohl ein Zinsspread zwischen jenen Ländern, die erfolgreich arbeiten, und jenen Ländern, die nicht erfolgreich arbeiten, geben. Ein chronisches Leistungsbilanzdefizit ist ein Zeichen von Strukturschwäche und kein Zeichen von erfolgreichem Arbeiten. Aber Klima felix stellt sich her und sagt: Es ist ja alles in Ordnung! – Das kann doch gar nicht wahr sein, was Sie da machen! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Sie haben in zehn Jahren einer Bundesregierung, der Sie fünf Jahre angehört haben, das Eigenverantwortungspotential der Menschen in diesem Lande nicht geweckt. Sie haben ihnen immer gesagt: Nein, nein, wir machen schon Reformen! Aber de facto haben Sie sie nicht gemacht. Die Chance liegt doch in diesen 8 Millionen fleißigen Frauen und Männern, in diesen Menschen, die bereit sind, Verantwortung zu übernehmen. Nur: Diese Verantwortung wurde ihnen nie abgefordert.

Sozialpolitik kann sich nicht durch soziale Kälte definieren. Sozialpolitik muß sich auf die wirklich sozial Schwachen in diesem Land konzentrieren. Aber wenn sich Sozialpolitik auch darauf versteht, den Wohlhabenden Familienbeihilfe zu überweisen, eine Zinssteuerquote um die 23 Prozent zuzulassen – fünf Jahre Finanzminister Klima felix –, wo 23 Prozent der Nettoeinnahmen des Staates an Zinsen an die Wohlhabenden in diesem Staat ausbezahlt werden, dann muß ich sagen: Das ist eine klassische Umverteilung von unten nach oben.

Wenn Sie glauben, daß das eine Verteilungspolitik ist, die in diesem Land Armut verhindert, die den sozial Schwachen wirklich hilft, dann kann ich mir nicht vorstellen, wie Sie die Politik der nächsten Jahre gestalten wollen.

Verantwortung statt Reglementieren ist gefordert. Alle hier, inklusive Ihrer Person, Herr Bundesminister, reden von Entbürokratisierung, und jedes Mal, wenn dieses Hohe Haus tagt, beschließen Sie weitere Reglementierungen, um dann im selben Atemzug zu sagen: Wir haben


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