Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 58. Sitzung / Seite 16

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die lange Reise zu einem neuen österreichischen Atomhaftungsgesetz noch im Jahr 1997 abschließen können?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie Dr. Martin Bartenstein: Herr Abgeordneter! Ob das im Jahr 1997 noch möglich ist, das ist mir nicht bekannt. Ich darf auch darauf hinweisen, daß es ein schlechter Stil wäre, von hier aus Terminvorgaben an den Bundesminister für Justiz zu richten, aber ich denke, daß dieses Thema inhaltlich außer Streit zu stellen sein müßte und daß wir hier verhältnismäßig rasch zu einer Überarbeitung dieser wirklich veralteten Gesetzesbestimmungen kommen müssen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke. – Kollege Wurmitzer ist der nächste.

Abgeordneter Georg Wurmitzer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Wie hoch ist die radioaktive Belastung der Umwelt Österreichs aufgrund der Katastrophe von Tschernobyl?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister.

Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie Dr. Martin Bartenstein: Leider höher, als wir das alle annehmen. Österreich war, was wenige wissen, das Land, das durch den radioaktiven Fall-out nach Tschernobyl im April und Mai 1986 am stärksten betroffen war, mit Ausnahme der direkten Region rund um Kiew und Minsk. Es ist Weißrußland stärker betroffen gewesen als die Ukraine – bedingt durch die ungünstigen Wetter- und Windverhältnisse.

Wir haben in Österreich eine durchschnittliche Bodenbelastung von 16 Kilobecquerel pro Quadratmeter. Das ist leider nicht wenig. Wir haben sogar Spitzenwerte von über 100 Kilobecquerel in kärntnerisch-steirischen Bergregionen, die vom damaligen Regen recht stark betroffen waren. Wir werden auch aufgrund der Halbwertszeit des entsprechenden radioaktiven Isotops noch über Jahrhunderte, nämlich genau 300 Jahre, mit dieser Belastung leben werden müssen, auch wenn sie natürlich innerhalb dieser 300 Jahre kontinuierlich abnimmt.

Allerdings kann ich sagen, daß das Betreten all dieser Wälder, das Essen von Beeren, Schwammerln und dergleichen mehr für den österreichischen Konsumenten ungefährlich sind, weil man davon ausgehen kann, daß der Genuß dieser Schwämme, die dort wachsen, nicht die einzige Nahrungsmittelzufuhr über einen längerfristigen Zeitraum ist. Es gibt hier also keinerlei Bedenken. Das ist gesichert, und das ist geprüft, aber es bleibt unter dem Strich, daß wir auch elf Jahre nach Tschernobyl feststellen müssen, daß wir dieses Unglück, das nie passieren hätte dürfen, nicht nur spüren, sondern daß wir in Österreich die Strahlenbelastung aus den Konsequenzen von Tschernobyl noch fast 300 Jahre deutlich werden messen können.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke. – Frau Abgeordnete Langthaler, bitte.

Abgeordnete Ing. Monika Langthaler (Grüne): Herr Bundesminister! Welche Initiativen gibt es konkret und aktuell von Ihnen und der Bundesregierung, sich für ein AKW-freies Mitteleuropa einzusetzen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister.

Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie Dr. Martin Bartenstein: Frau Abgeordnete Langthaler! Ich denke, daß vor allem unsere klare Position in den in den nächsten Jahren beginnenden Beitrittsverhandlungen mit manchen der mittel- und osteuropäischen Länder geeignet sein wird, hier Fortschritte zu erzielen.

Ich darf für die Vergangenheit festhalten, daß es der Staatengemeinschaft insgesamt nicht gelungen ist, innerhalb von zehn Jahren auch nur einen Reaktor in Tschernobyl vom gefürchteten RBMK-Typ zur Stillegung zu bringen. Das ist nicht geschehen, und die Erfolge waren daher, wenn überhaupt, sehr bescheiden.


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