Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 58. Sitzung / Seite 96

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ist insofern unzutreffend, als auch Ihre Zuständigkeit eindeutig festgelegt ist. Für die finanzielle Abwicklung der EU-Strukturfonds in Österreich ist nämlich folgende Vorgangsweise vorgesehen:

Für die Vereinnahmung aller Strukturfondsmittel im Bundeshaushalt sind Sie und Ihr Ministerium zuständig, auch für die Koordination der finanziellen Administration, was die einzelnen Fonds betrifft, wie ESF, EAGFL oder EFRE.

Herr Bundesminister! Besonders die Antworten auf die Fragen 2 und 8 bedürfen einer äußerst umfassenden Erklärung. Sie antworteten mir auf die Frage 2:

"EU-Mittel dürfen erst nach Abrechnung der Projekte ausgezahlt werden. Bei Investitionsförderungen, die das Schwergewicht der EFRE-kofinanzierten Maßnahmen ausmachen, liegt es in der Natur der Projekte, daß zwischen Genehmigung und Fertigstellung ein längerer Durchführungszeitraum liegt. Das gilt vor allem für größere Investitionsprojekte."

Herr Bundesminister! Deshalb ist zum Beispiel im Burgenland von der Förderungssumme erst ein Teil von 2 Prozent und gesamtösterreichisch gesehen von 6 Prozent ausbezahlt worden.

In der Beantwortung der Frage 8 heißt es sogar:

"Die angesprochenen EFRE-Mittel werden von den für die einzelnen Maßnahmen zuständigen Bundes- und Landesstellen umgehend an die Projektträger ausgezahlt, sobald die Auszahlungsvoraussetzungen (in Form von Projektabrechnungen) vorliegen. Eine Akontierung" – und das ist ganz besonders bemerkenswert – "von EU-Mitteln vor Projektabschluß und Vorlage der Rechnungen samt Zahlungsbelegen ist nicht zulässig."

Soweit die Auskunft aus dem Bundeskanzleramt beziehungsweise aus Ihrem Ministerium, Herr Bundesminister.

Ganz anders lautet allerdings der Text der vom Bundeskanzler herausgegebenen Broschüre, was die Förderung der Regionalpolitik betrifft, die sich auf die europäischen Vergaberichtlinien stützt. Diese entsprechen haargenau den österreichischen Förderungsrichtlinien. So ist die gesetzlich festgelegte Form der Vergabe von Förderungen und der praktizierten Form seitens Ihres Ministeriums beziehungsweise des Bundeskanzleramtes eine äußerst unterschiedliche. Es ist nämlich festgehalten, daß die Auszahlung der Tranchen ratenweise zu erfolgen hat: zuerst eine Akontierung, maximal 50 Prozent der Tranche, die zweite Rate, sobald mindestens die Hälfte der ersten Rate verwendet ist – und die Restzahlung nach Endabrechnung der Tranche. So hat das zu geschehen!

Was hier in Österreich passiert ist, entspricht genau dem Gegenteil dessen, was in den offiziellen Richtlinien festgehalten wurde, Herr Bundesminister! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Was soll also der Förderungswerber – zum Beispiel im Burgenland, dem vor dem Beitritt zur Europäischen Union so viel versprochen wurde – davon halten, wenn er sich auf diese offiziellen Informationen und auf diese offiziell festgehaltenen Richtlinien für die Vergabe von Förderungen nicht verlassen kann, wenn er vom Bundeskanzleramt, wenn er von Finanzminister auf das Geld länger warten muß, als das bitte notwendig ist? Vor allem: Was soll er sich denken, wenn er sich diese offizielle Information besorgt hat und die Praxis dann eine ganz andere ist, er sich aber darauf verlassen hat, daß die offizielle Information Gültigkeit hat?

Meine Damen und Herren! Ich entnehme diesen Unterlagen des weiteren, daß es die Koordinationsaufgabe ist, die rasche, möglichst plankonforme Inspruchnahme der EU-Mittel, die reibungslose Weiterleitung beziehungsweise Aufteilung auf Endbegünstigte unter Vermeidung unnötiger Transaktionen und der Sicherung voller Transparenz über den Stand der finanziellen Abwicklung der Programme zu gewährleisten. – Von rasch und reibungslos, von Vermeidung unnötiger Transaktionen ist überhaupt nichts festzustellen! Genau das Gegenteil ist der Fall: Es geht nichts rasch, es geht nichts reibungslos, und es wird jegliche Transparenz vermieden!


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