Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 60. Sitzung / Seite 27

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in der wir in Österreich eine steigende Arbeitslosigkeit, ein sinkendes Angebot an Arbeitsplätzen und eine noch nie dagewesene Pleitewelle in den klein- und mittelständischen Unternehmen zu verzeichnen haben und in der ein recht respektabler, aber auch erschütternder Ausverkauf unserer Wirtschaft an das Ausland erfolgt.

In dieser Situation ist Ihr Vorgänger zurückgetreten, hat resigniert. Und es hat viele Vorschußlorbeeren gegeben (Abg. Dr. Partik-Pablé: Ich glaube, nach dem heutigen Tag nicht mehr!) , mit denen Sie bereits bekränzt worden sind, bevor Sie politisch als Kanzler zu arbeiten begonnen haben, weil man gehofft hat, daß das großkoalitionäre Dahinschleppen von Entscheidungen nun der Vergangenheit angehören wird.

Sie haben heute eine Regierungserklärung abgegeben. Man könnte sagen: Sie haben eine brave Rede gehalten, in der Gedankenführung etwas schlicht – um nicht zu sagen: einfach –, wenige Visionen, aber sehr viele Phrasen – Phrasen, die wir schon von Ihrem Vorgänger kennen. Wir hätten uns eigentlich von Ihnen erwartet, daß Sie etwas Konkreteres sagen, daß Sie uns hier nicht priesterhaft zu missionieren versuchen, sondern beginnen, dieses Land zu reformieren. Das wäre die Aufgabe eines neuen Bundeskanzlers! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Mir ist es ein bißchen so vorgekommen – seien Sie mir nicht böse –, als wäre das eine Art Lebensbeichte des Viktor Klima gewesen (Zwischenruf des Abg. Mag. Stadler ), in der er gesagt hat: Es ist mit den Arbeitsplätzen fürchterlich, und wir haben kein Patentrezept. Es ist die Armut im Steigen, und wir haben eigentlich kein Rezept. Wir müssen viel mobiler werden, weil wir nicht mehr ein Leben lang an unseren Arbeitsplätzen kleben bleiben dürfen. Die Lehrpläne sind überfrachtet, die Universitäten funktionieren nicht mehr.

Jetzt frage ich Sie wirklich: Wer regiert denn nun schon 27 Jahre lang? Wer anderer als die Sozialdemokratie, die diese Mißstände und Zustände verursacht hat, regiert denn, meine Damen und Herren? (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Und da kommen Sie und sagen: Wir haben auch budgetpolitisch den Beitrag geleistet, daß die Beschäftigungssituation besser wird. – Herr Bundeskanzler! Die jüngsten OECD-Prognosen weisen Ihnen nach, daß Sie bereits im nächsten und übernächsten Jahr wieder eine steigende Staatsverschuldung zu verzeichnen haben werden – statt 71 Prozent wie heuer 74 Prozent im Jahre 1998.

Das erklärt, um es einmal ökonomisch auszudrücken, warum wir eine so niedrige Investitionsleistung haben: Weil der Staat durch die Aufnahme von Krediten zu viel Geld in Anspruch nimmt, bleibt der Privatwirtschaft zu wenig Luft, zu wenig Spielraum, und die Ausrüstungsinvestitionen für die heimische Wirtschaft machen daher nur ein Drittel von dem aus, was sie bei der jetzt anziehenden Konjunktur betragen müßten. – Darauf würden wir gerne Antworten von Ihnen hören! Wie gehen Sie es an, mit dieser liederlichen Budgetpolitik mehr Arbeitsplätze zu schaffen? (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Das wird natürlich die linke Reichshälfte und die Prätorianer der schreibenden Garde von Links nicht daran hindern, Ihnen trotzdem in den nächsten Wochen Rosen zu streuen. Seit einer Woche erleben wir ja die diversen "Hochämter" bei ORF-Reportagen (Abg. Koppler: Lassen Sie sich einmal etwas anderes einfallen! – Abg. Dr. Partik-Pablé: Nicht mehr lange, glaube ich!) , meine Damen und Herren, angesichts derer man schon sagen muß, daß es respektabel ist, wenn ein Minister, der es zu verantworten hat, daß 10 000 Bürger zum Verfassungsgerichtshof gehen mußten, weil er eine verfassungswidrige Steuer über sie gebracht hat, nun mit dem Lorbeer des Kanzleramtes bekränzt wird, während ihn der Verfassungsgerichtshof verurteilt, weil er Verfassungsbruch in der Steuergesetzgebung begangen hat. Dieser Mann wird gelobt, er wird hochgejubelt – und die ÖVP applaudiert noch dazu, anstatt peinlich davon berührt zu sein, was hier mit der mittelständischen Wirtschaft passiert ist! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die nächsten Pleiten werden kommen, Kollege Puttinger! Sie werden sich Ihren Applaus überlegen müssen, wenn der Verfassungsgerichtshof die Maßnahmen der Regierung – zum Beispiel bei den Werkverträgen, bei der Familienbesteuerung – aufhebt!


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