Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 60. Sitzung / Seite 58

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es getauft haben, debattiert, und ich glaube, wir haben Übereinstimmung darin erzielt, warum die Aufgabe, die sich dieser neuen Regierung in den kommenden Jahren stellt, beileibe keine einfache sein wird.

Ich möchte noch einmal zusammenfassen: Es ist richtig, Herr Schüssel, was Sie gesagt haben: Österreich ist ein wohlhabendes Land, und wir haben Stabilität. Das wird nicht bestritten, das wird auch immer wieder als eine der Errungenschaften dieser Regierung anerkannt, aber die Kritik geht in die Richtung: Um welchen Preis haben Sie diesen Zustand erreicht?

Diesbezüglich, meine Damen und Herren, sprechen leider Gottes – auch wenn es die Regierungsparteien und die Regierungsmitglieder zehnmal nicht sagen wollen – die volkswirtschaftlichen Daten eine deutliche, eine, wie ich glaube, alarmierende Sprache. Es ist nun einmal wahr, daß wir in der Zwischenzeit nicht mehr Wachstumsführer, sondern Wachstumsschlußlicht sind. Es ist nun einmal wahr, daß der Trend bei der Staatsverschuldung – im Gegensatz zu anderen europäischen Ländern – in die falsche Richtung weist. Es ist nun einmal wahr, daß die Gesamtzahl der Erwerbstätigen zurückgegangen ist und die Erwerbsquote – insbesondere jene der Frauen – alarmierend ist.

Meine Damen und Herren! Das hat nichts mit Krankjammerei zu tun; das ist lediglich Ihr Abwehrreflex. Wenn man kritisiert, heißt es: Um Gottes Willen, der will krankjammern! – Ich will nicht krankjammern, aber ich will auch diese Gesundbeterei nicht. Ich will nicht nur eine Seite der Medaille sehen, ich möchte, daß wir beide Seiten nüchtern betrachten. Nur dann werden wir weiterkommen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Ich glaube, es ist dem Herrn Bundeskanzler in dieser kurzen Zeit nichts anderes zuzumuten gewesen, als hier eine schlagwortartige Regierungserklärung vorzulegen. Ich meine, daß es Schlagworte sind und daß es viele Formeln gibt, ist richtig, aber es war wohl auch nicht anders zu erwarten. Aber eines sollten wir positiv anmerken: Er hat die Zeichen der Zeit erkannt und sie auch formuliert.

Es freut mich im besonderen, daß da oder dort doch, wie mir scheint, auch Überlegungen eingeflossen sind, die wir, seit wir als Liberales Forum in diesem Haus sitzen, immer zu unserem eigenen wesentlichen Standpunkt gemacht haben. Die Fragen des Rückbaus des Staates, der Flexibilisierung von Arbeitszeit und Gewerbeordnung, die Fragen der sozialen Netze und der Treffsicherheit von Transfers sind nunmehr in diesem Papier erkennbar. Sie sind beantwortet. Die Frage für mich ist die: Werden sie auch umgesetzt werden?

Ich habe aufgrund verschiedener Vorbereitungszeiten schon einige Regierungserklärungen und viele Budgetreden gelesen, und ich finde im Grunde immer wieder dasselbe – und das schon viele Jahre hindurch: In der Analyse der Situation ist sich dieses Haus immer schon einig gewesen – auch vor drei Jahren, auch vor fünf Jahren, sogar vor zehn Jahren, als diese Koalition an die Macht kam –, aber in der Umsetzung der notwendigen Maßnahmen, um ein bestimmtes definiertes Wunschziel zu erreichen, gingen die Meinungen auseinander. Das ist nach meinem Dafürhalten auch das Problem dieser Regierung Klima I. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Lassen Sie mich einige Beispiele dafür nennen: Es ist klar, wir haben das größte Problem – das kann nicht oft genug gesagt werden – in der Entwicklung der Arbeitslosenzahlen. Wir haben verschiedene Instrumentarien, von denen wir schon in dieser und in einer anderen Regierungserklärung gehört haben, zum Beispiel die Ökologisierung unseres Steuersystems, Entlastung des Kostenfaktors Arbeit und Belastung von nichterneuerbaren Ressourcen.

Herr Schüssel meinte heute, bei den Kosten der Arbeit müsse man etwas tun, aber natürlich nicht in dem Sinne, daß die Arbeit insgesamt billiger wird und die Menschen weniger verdienen. – Ja, Herr Schüssel, das haben Sie doch schon mehrfach gesagt, es ist nur bisher nicht umgesetzt worden. Und warum ist es nicht umgesetzt worden? – Weil Sie in Ihren eigenen Reihen gescheitert sind. Sie sind nicht an der Opposition gescheitert, Sie sind nicht gescheitert, weil die Bevölkerung eine solche Umstellung nicht wollte, sondern Sie sind daran gescheitert, daß Sie in Ihren Regierungsfraktionen Lagerbildungen haben, die reflexartig eine Erneuerung, einen Re


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