Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 63. Sitzung / Seite 37

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"Niemand hat das Recht, Länder, die diesen Organisationen, nämlich EU, Westeuropäische Union, NATO, beitreten wollen, zu behindern oder zu blockieren." – Eine ruhige, aber feste Sprache ist hier angebracht und muß auch wiederholt werden. (Beifall bei der ÖVP.)

Aus der gleichen Haltung begrüße ich jede Bemühung der NATO, durch Gespräche mit Rußland das derzeitige europäische Sicherheitssystem, das sich im Dreieck Europäische Union, Westeuropäische Union, NATO entwickeln wird, auch um eine gesamteuropäische Komponente zu erweitern und Rußland einzubinden.

Aus den gleichen Gründen begrüße ich die Bereitschaft der NATO, vor allem Rußland und andere Länder, die Ukraine zum Beispiel, über ihre Intentionen zu informieren, so wie es Generalsekretär Solana und auch andere Mitglieder der NATO, vor allem die amerikanische Außenministerin, vor kurzem praktiziert haben.

Ich würde daher die politische Haltung gegenüber Rußland folgendermaßen zusammenfassen:

Kein Land hat das Recht, einen anderen souveränen Staat seine Sicherheitskonzeption vorzuschreiben oder gegen einen Beitritt zu entsprechenden Organisationen ein Veto auszuüben.

Die Reformen Rußlands – sowohl wirtschaftlich wie auch politisch – in Richtung Demokratie und marktwirtschaftlicher Ordnung müssen konsequent unterstützt werden.

Rußland soll über die Entwicklung der NATO zur NATO-Neu voll informiert werden.

Rußland soll auch mit dem Gewicht, das ihm aufgrund seiner Größe zukommt, in ein gesamteuropäisches Konzept der Sicherheitspolitik eingebaut werden.

Diesbezüglich sollten wir eine Linie haben, die Lehren aus der Vergangenheit gezogen hat, was für die zukünftige Stabilität Europas sehr wichtig ist. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Erinnern wir uns, wie oft das politische Konzept der Neutralität geholfen hat. Weder Norwegen noch Dänemark noch die Niederlande noch Belgien noch Luxemburg konnten sich mit dem Konzept der Neutralität gegen die Besetzung erfolgreich verteidigen. Die Schweiz und Schweden geben das Doppelte von unserem Teil für Landesverteidigung aus. Wenn nicht das eine, dann das andere. Wenn wir uns nicht alleine voll verteidigen können, dann sind wir verpflichtet, den Verbund mit den anderen zu wählen, wenn wir dazu die Möglichkeit haben. Daraus ergibt sich ein klarer Weg, meine Damen und Herren!

Lernen wir doch aus den Vorgängen in Jugoslawien! Beschlüsse des Sicherheitsrates, Beschlüsse der Generalversammlung der Vereinten Nationen, Beschlüsse der Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa haben nichts genützt, um der Aggression der serbischen Regierung Einhalt zu gebieten. Nichts hat es genützt! Nach fünfjährigen Verhandlungen kam es genauso wie am Beginn dieser furchtbaren Auseinandersetzungen zu Massenvertreibungen der Angehörigen dieser Länder, zu Massenvergewaltigungen, zu Massenmorden. Vukovar stand am Anfang, und Srebrenica mit 8 000 ermordeten Zivilisten steht am Ende dieser furchtbaren Entwicklung.

Meine Damen und Herren! Erst als die NATO eingriff, wurde dieser Fortsetzung der Massenmorde ein Ende gesetzt. Hätte man nur zwei Jahre politisch verhandelt und dann Völkerrecht und UNO-Charta ernst genommen und eingegriffen, würden diese 8 000 Zivilisten aus Srebrenica heute wahrscheinlich noch leben.

Meine Damen und Herren! Niemand kann sich angesichts der wachsenden Zerstörungskapazität über irgendeinen militärischen Konflikt freuen oder einem Hurra-Patriotismus Beifall klatschen. Aber angesichts der furchtbaren Zerstörungskapazität sind nach Benutzung der diplomatischen und politischen Mittel, wenn es nicht anders geht, wenn Menschenwürde und Menschenrechte nicht anders geschützt werden können, eben auch militärische Mittel zum Einsatz zu bringen. Diese realistische Sicht sind wir vor allem unserem eigenen Lande schuldig.


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