Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 64. Sitzung / Seite 85

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Ich frage mich, Herr Bundesfinanzminister, wenn Sie den Budgetvollzug stärker kontrollieren wollen, ob Sie sich nicht in der Regierung auch einmal die Frage überlegen sollten – Sie sind ja der, der das immer auszubaden hat –, wie es wäre, wenn Politiker für gravierende Fehlentscheidungen auch wirklich haftbar gemacht würden. Diese Politiker können diese Haftung ohne weiteres auch einer Versicherung überantworten, wie es in anderen verantwortungsvollen Berufssparten auch gemacht wird. (Ruf bei der ÖVP: Steuerberater zum Beispiel!) Ein Steuerberater zum Beispiel, ein Notar, ein Rechtsanwalt, die sind alle haftbar, die haben Haftpflichtversicherungen in Millionenhöhe abgeschlossen.

Es wäre einmal ganz interessant, zu sehen, was passieren würde, wenn Sie, Herr Bundesfinanzminister, an Ihre Kollegen mit der Bitte heranträten: Schließen Sie eine Haftpflichtversicherung ab! – Wenn Minister gravierende Fehlentscheidungen in ihren Ressorts treffen und die Kontrolle völlig versagt – Sie als Finanzminister müssen das dann ausbaden, und der Steuerzahler erst recht –, dann sollte eine Haftpflichtversicherung einspringen, oder es sollte der Politiker, der Minister ist und sich dieser Aufgabe nicht gewachsen sieht, ganz einfach zurücktreten. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

14.09

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Kurzbauer. – Bitte, Herr Abgeordneter. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten.

14.09

Abgeordneter Johann Kurzbauer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Präsident des Rechnungshofes! Herr Professor Van der Bellen, Sie haben in Ihrem Beitrag gemeint, daß das Jahr 1995 ein Katastrophenjahr war. (Abg. Dr. Van der Bellen: Budgetär!) Budgetär, selbstverständlich! Herr Minister Edlinger hat aber darauf hingewiesen, daß das Jahr 1995 – gerade bedingt durch diese Situation – einen Neubeginn markiert hat, wenn Sie so wollen, weil da die Weichen für die zukünftigen Budgets gestellt wurden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Budgetausschuß hat den Bericht über den Bundesrechnungsabschluß 1995 in seiner Sitzung vom 3. Dezember 1996 mehrheitlich beschlossen, und heute wird dieser Bericht hier in diesem Hohen Haus behandelt.

Das Bruttoinlandsprodukt 1995 wuchs real gegenüber dem Jahr 1994 um 1,8 Prozent und beträgt rund 2 352 Milliarden. Wir liegen mit diesem Prozentsatz von 1,8 Prozent im Schnitt der Europäischen Union. Vergleichen wir die Inflationsrate: Diese verringerte sich um 0,8 Prozent gegenüber 1994 und beträgt 2,2 Prozent. Die Arbeitslosenrate weist ein Plus von 0,1 Prozent auf, im Jahresmittel sind es 6,6 Prozent.

Die Tendenz der negativen Leistungsbilanz setzte sich allerdings auch 1995 fort: diese schloß mit einem Abgang von rund 47 Milliarden gegenüber 20,6 Milliarden. Eine der Ursachen ist der weitere Rückgang der Nettoeinnahmen im Fremdenverkehr. Die verfügbaren Güter- und Leistungsvolumina haben eine Größenordnung von 2 376 Milliarden, davon gingen über 50 Prozent, konkret 54,7 Prozent, in den privaten Konsum, fast ein Fünftel, nämlich 18,7 Prozent, in den öffentlichen Konsum und rund ein Viertel in die Bruttoanlageinvestitionen.

Ein Blick auf den fiskalischen Bereich: Der Anteil der Abgaben aller Gebietskörperschaften und der abgabenähnlichen öffentlichen Einnahmen – wieder gemessen am BIP – beträgt 41,4 Prozent. Das ist ein Rückgang gegenüber dem Jahr 1994 von 0,5 Prozent.

Wir haben heute schon vernommen, daß der Bundeshaushalt mit einer Neuverschuldung in der Höhe von fast 118 Milliarden Schilling abschließt. Das ist eine Zunahme von 15,6 Milliarden gegenüber dem Voranschlag. Die Ausgaben liegen, wie bereits bekannt, um 12 Milliarden Schilling über dem Voranschlag, und die Einnahmen weisen eine Verringerung von zirka 4 Milliarden Schilling aus.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Neuverschuldungsquote der Jahre 1993, 1994 und 1995 ist laufend angestiegen und liegt im Berichtsjahr mit rund 6 Prozent, gemessen am BIP, am höchsten. Aber auch was die Bruttoverschuldung der öffentlichen Hand mit rund


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