Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 67. Sitzung / Seite 139

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Der Straßenverkehr ist in den letzten 20 Jahren in Österreich um rund 80 Prozent gestiegen. Gleichzeitig hat der Personenverkehr auf der Bahn kaum zugenommen. Das heißt, die Schere geht immer weiter auseinander. In den Sonntagsreden der Politik heißt es: Wir brauchen eine Verlagerung auf die Schiene!, während in der Realität tagtäglich eine Verlagerung von der Schiene auf die Straße erfolgt. Das ist das Problem in dieser Situation, und eine Hauptursache dafür sehe ich in der Verkehrspolitik dieser Koalition, einer Verkehrspolitik, die eigentlich durch und durch – das geht wirklich bis in alle Detailbereiche – zerstritten ist.

Diese Koalition zieht verkehrspolitisch tatsächlich an einem Strang – aber in zwei entgegengesetzte Richtungen: nämlich in die eine Richtung, die durchaus in Richtung Bahn geht – das konzediere ich –, und in die andere Richtung, die völlig einseitig in Richtung Straße geht.

Was kommt heraus? – Es kommt ein Mix heraus, eine Kompromißpolitik, bei der keine Prioritäten in Richtung des öffentlichen Verkehrs gesetzt werden. Es kommt eine Politik heraus, die man eigentlich so richtig "tragisch-schön" am Semmering nachvollziehen kann.

Da gibt es eine ÖVP, die in weiten Bereichen dem Semmering-Basistunnel gegenüber kritisch eingestellt ist. Da gibt es eine SPÖ, die in weiten Bereichen der Semmering Schnellstraße gegenüber kritisch eingestellt ist. Und was war die politische Lösung? – Es gibt ein Junktim des ehemaligen Finanzministers Klima vom vergangenen Herbst, das besagt: Wenn wir das eine finanzieren, dann nur, wenn auch das andere gebaut wird. – Das sind österreichische Lösungen! Da werden gleich zwei unsinnige Projekte von der Priorität her – ich komme auf den Semmering-Basistunnel noch im Detail zu sprechen – in einem politischen Junktim und im Einverständnis mit der Bauwirtschaft durchgezogen!

Das ist die interne Koalitionsblockade in der Verkehrspolitik! Es gibt keine Prioritätensetzung in Richtung des öffentlichen Verkehrs – außer in den Sonntagsreden. Das ist das Problem! (Abg. Dr. Mühlbachler: Das wahre Malheur ist, daß die Grünen auch mit dem Auto fahren!) Und wie schaut denn, Herr Kollege Mühlbachler, diese koalitionsinterne Blockade aus? Was kostet denn das den Steuerzahler? – Ich vernehme von seiten der Hochleistungsstrecken-AG etwa den Vorwurf, daß alleine die Verweigerung des Landes Niederösterreich, von niederösterreichischer Seite aus den Semmering-Basistunnel bauen zu lassen, eine Baudauerverlängerung um eineinhalb Jahre und eine Kostenerhöhung um 650 Millionen Schilling verursacht.

Es kann doch keine koordinierte Koalitionspolitik sein, daß man im Endeffekt in zwei Richtungen unterwegs ist, beides verwirklicht, beides baut, damit Unsummen an Steuergeldern zuviel ausgibt, während man die notwendigen verkehrspolitischen Prioritäten in Richtung einer Verkehrswende, in Richtung eines umweltfreundlichen Verkehrs nicht setzt.

Herr Minister! Ein mir sehr, sehr wichtiger, zweiter Punkt ist die Frage der Kosten, etwa alleine die Kosten des Sondierstollens. Es hat in dieser Dringlichen Anfrage eine Frage gegeben – ich weiß jetzt bei dieser Fülle von Fragen nicht, welche konkrete Nummer das war –, die sich mit den jetzt geschätzten Fertigstellungskosten für den Sondierstollen beschäftigt hat. Sie haben, wenn ich mich nicht verhört habe, von einer Gesamtsumme von 570 Millionen Schilling gesprochen; 570 Millionen Schilling im Vergleich zu 440 Millionen Schilling, um die der Auftrag vergeben wurde. Es ist schon klar: ohne Preisgleitung et cetera. 570 Millionen Schilling betragen laut Ihrer Aussage – bitte korrigieren Sie, wenn es nicht stimmen sollte – die Gesamtbaukosten für den Sondierstollen.

Nun wissen wir: Die Vergabe erfolgte um 440 Millionen Schilling an die bauausführende Firma Porr. Laut HL-AG-Protokoll beträgt die Baukostenerhöhung bis zum vergangenen Sommer 125 Millionen Schilling. Also: 440 plus 125 Millionen Schilling, da sind wir jetzt schon recht nahe bei Ihren 570 Millionen Schilling.

Herr Minister! Da entnehme ich aber einem Protokoll der Bundesregierung vom 2. Dezember 1996, daß – ich zitiere daraus – diese im Zuge des Sondierstollens zur Bewältigung beziehungsweise Abdichtung erforderlichen Zusatzmaßnahmen – die aufgrund des Wassereinbruches verursachten Kosten – bei etwa 360 Millionen Schilling zusätzlich liegen.


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