Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 67. Sitzung / Seite 154

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Ich möchte aber durchaus zugeben, daß ich Ihre Forderungen und Ihre Einstellung für legitim halte und daß mich auch die Argumentation im Hinblick auf die möglichen Interpretationsdifferenzen zwischen dem Familienlastenausgleichsgesetz auf der einen und dem Einkommensteuergesetz auf der anderen Seite durchaus nachdenklich gemacht hat, weil ich das bisher nicht von dieser Seite her gesehen habe.

Ich möchte aber betonen, daß die Kündigung der Abkommen nicht leichtfertig erfolgte. Gerade im Bereich von sozialen Maßnahmen ist das immer besonders problematisch, weil es ja eine große Zahl von Betroffenen gibt und es sich dabei nicht gerade um Begüterte handelt. Die Kündigung war ein Teil des notwendigen Konsolidierungspaketes und sollte den Zustand beseitigen, daß sich Österreich – und das muß man schon feststellen – eine wesentlich weitergehende Kinderförderung leistet als sämtliche anderen Staaten. Es ist eben internationaler Standard, daß der Heimatstaat für die Abgeltung von Unterhaltslasten zuständig ist. Österreich kann daher in einem solchen Fall keine Familienbeihilfe gewähren.

In Ihrer konkreten Anfrage wird nun festgestellt, daß dann Ihrer Meinung nach als Ausgleich der Unterhaltsabsetzbetrag gewährt werden müßte. Nach dem derzeitigen Gesetzeswortlaut ist das, wie ich meine, zumindest nicht leicht möglich. Das scheint durchaus gerechtfertigt zu sein, denn der Unterhaltsabsetzbetrag kann nicht als Instrument für die Abgeltung der Grundversorgung eines Kindes betrachtet werden.

Ich möchte aber schon auch noch darauf hinweisen, daß das klarer wird, wenn man sich das umgekehrt vorstellt. Wenn also beispielsweise der österreichische Vater eines Kindes in einem Nicht-EWR-Staat lebt, das Kind und dessen Mutter aber in Österreich leben, dann ist es selbstverständlich, daß das Kind und daß die Familie, die hier in Österreich zurückgeblieben sind, auch alle Rechte haben, die der österreichische Staat vorsieht.

Ich möchte aber trotz alledem aufgrund Ihrer Argumentation, sehr geehrter Herr Abgeordneter, zusagen, daß ich – weil ich meine Antwort wirklich nicht zynisch interpretiert wissen möchte, sondern auf der Grundlage des Gesetzes, wie ich es von meinem Einstieg her zunächst einmal gesehen habe – Einkommensteuergesetz und FLAF in den einschlägigen, von Ihnen genannten Positionen überprüfen lasse, um festzustellen, in welcher Weise welche Rechtsansicht der Realität entspricht. Mehr kann ich im Augenblick dazu nicht sagen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

18.01

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Danke, Herr Bundesminister.

Als nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Mertel zu Wort gemeldet. Ich mache darauf aufmerksam, daß nach der Geschäftsordnung alle folgenden Redner zu diesem Punkt eine geschäftsordnungsmäßige Redezeitbeschränkung von 5 Minuten haben. – Bitte, Frau Abgeordnete.

18.01

Abgeordnete Dr. Ilse Mertel (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Ich darf dem Herrn Finanzminister danken, daß er von sich aus die Anregung gemacht hat, die Argumentation und die Rechtsansicht, die von Herrn Öllinger geäußert worden ist, und die Abwägung – hier Einkommensteuergesetz, hier Familienlastenausgleichsgesetz – überprüfen zu lassen, denn seine Argumentation ist auch aus meiner Sicht nachvollziehbar.

Gleichzeitig aber darf ich daran erinnern, daß wir in Österreich den Familien ein umfangreiches Leistungspaket zur Verfügung stellen. Insgesamt werden nämlich 200 Milliarden Schilling von Bund, Ländern, Gemeinden und Sozialversicherungen aufgebracht. Österreich liegt damit im internationalen Vergleich – das kann man nicht oft genug wiederholen – nach wie vor an der Spitze. An diesem großzügigen Leistungssystem in Österreich nehmen alle Kinder, ohne Rücksicht darauf, ob Inländer oder Ausländer, teil.

Die Strukturanpassungsgesetze 1995 und 1996 dienten dazu, das Budget zu konsolidieren, um die Kernbereiche der Familienleistungen weiterhin aufrechterhalten zu können. Dem lag der Gedanke zugrunde, daß steigende Defizite vor allem wieder unsere Familien enorm belasten


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