Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 69. Sitzung / Seite 20

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Immer mehr Frauen werden jene Politikerinnen und Politiker zur Verantwortung ziehen, die in Lippenbekenntnissen für die Gleichstellung eintreten, aber sämtliche Vorschläge und Maßnahmen zu deren Umsetzung ablehnen. (Abg. Dr. Khol: Der Satz wird Ihnen noch sehr schwer werden, Frau Ministerin!) Die Vorstellungen dieser Damen und Herren würde ich übrigens gerne im Detail kennenlernen.

Immer mehr Frauen verlangen, daß die Kluft zwischen formaler Gleichstellung und der von ihnen erlebten Wirklichkeit der Ungleichbehandlung verringert wird beziehungsweise verschwindet. Dieses wachsende Bewußtsein und die Entschiedenheit der Forderungen von Frauen wird immer deutlicher formuliert. Es ist ein Auftrag an die Politik, dem Rechnung zu tragen.

Nun können wir für Österreich sagen, daß zwar vieles erreicht wurde, daß ganz wesentliche Maßnahmen zum Abbau von Diskriminierung, zur Förderung von Frauen, zur Erlangung von Gleichstellung zwar gesetzt wurden, aber vieles noch fehlt. Es ist klar: Es ist immer zu wenig, und es dauert zu lange. Es ist daher verständlich, nachvollziehbar, und ich sage ausdrücklich, zu begrüßen, daß sich die Frauen über die Parteigrenzen und anderes Trennendes hinweg zusammenschließen und einen neuen, hoffentlich wirksamen Weg suchen, die Sache der Frauen voranzutreiben.

Insofern sehe ich im Frauen-Volksbegehren eine große Chance. Niemand wird sich der Artikulation des Unbehagens, der Unzufriedenheit, der deutlichen Forderungen und Warnungen verschließen können, die schon in der Vorbereitungszeit des Volksbegehrens seitens vieler, vieler Frauen und mancher Männer unüberhörbar waren.

Ich sehe das grundsätzliche Anliegen des Frauen-Volksbegehrens daher als eindeutigen Auftrag an mich und an die Bundesregierung, mit der konkreten Umsetzung von Gleichstellungsmaßnahmen zügig fortzusetzen. Es muß ein deutliches Bekenntnis der politisch Verantwortlichen dazu geben, daß es in einer demokratischen Gesellschaft nicht angeht, der Hälfte der Bevölkerung wissentlich etwas vorzuenthalten, die Hälfte der Bevölkerung wissentlich zu benachteiligen. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich habe daher bereits in meiner Antrittspressekonferenz deutlich gemacht, daß ich unverzüglich darangehen werde, ein neues Gleichbehandlungspaket zu schnüren. 1993 ist es Frauenministerin Johanna Dohnal mit enormer Anstrengung gelungen, einen Meilenstein für die Sache der Frauen zu setzen. Im Zusammenhang mit der Forderung nach Angleichung des Pensionsalters der Frauen wurden Maßnahmen gesetzt und festgeschrieben, die sehr wohl die Situation der Frauen nachhaltig verbessern. Nun ist es Zeit – und das Frauen-Volksbegehren sehe ich daher als sehr unterstützend –, eine neue Etappe einzuleiten. Das Jahr 2018, in dem das Pensionsalter angeglichen werden soll, ist zwar noch fern, aber es ist auch noch viel zu tun, um die Voraussetzungen dafür zu erfüllen.

Zu den offenen Punkten des Gleichbehandlungspakets 1993 ist festzuhalten, daß einige davon keine Budgetbelastung verursachen. Ich möchte einige davon erwähnen: Verankerung der Gleichstellung in der Verfassung, Bundesstatistikgesetz, betriebliche Frauenförderung. Andere setzen hinsichtlich ihrer Umsetzbarkeit – das wissen wir – schwierige Verhandlungen voraus. Die konkrete Realisierung setzt jedenfalls eine Fülle von Gesetzesänderungen voraus, weshalb ich eine ressortübergreifende Arbeitsgruppe zur Verwirklichung dieses Vorhabens eingesetzt habe.

Ich möchte auch in diesem Zusammenhang noch einmal ganz deutlich sagen: Staatliche Politik hat Rahmenbedingungen zu schaffen, die die absolute Gleichstellung der Geschlechter herbeiführen. Wer immer wieder behauptet, das hätten wir ja alles in Österreich, den/die weise ich auf eine Fülle von Daten und Fakten hin, die das Gegenteil beweisen.

Der in weiten Teilen egalitären Rechtsordnung steht der tägliche Kampf von Frauen um ihre faktische Gleichstellung gegenüber. Der scheinbaren Gerechtigkeit von Kollektivverträgen steht die Tatsache gegenüber, daß Frauen noch immer um ein Drittel weniger verdienen als Männer. Dem formal möglichen Zugang von Mädchen und Frauen zu allen Bildungseinrichtungen steht


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