Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 71. Sitzung / Seite 99

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Folgendes sage ich an die Adresse derjenigen, die glauben, heute alles dem Kapital unterordnen zu können; man kennt das berühmte Schlagwort "Shareholder-value". Dazu kann ich nur sagen: Liebe Freunde, alles kann man nicht dem Kapital unterordnen! Es gibt eine hohe soziale Verantwortung. Wenn wir schon in einem gemeinsamen Europa leben, so möchte ich ein gemeinsames Europa der Bürger – und nicht ein Europa des Kapitals und der Konzerne! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Eines unserer Probleme besteht darin, daß wir nicht zuwenig Arbeit, sondern zuwenig bezahlbare Arbeit haben, weil in der Vergangenheit manchen Bereichen viel zu viele Geschenke gemacht wurden. Das betrifft auch den Bereich, aus dem der Herr Bundeskanzler kommt: die OMV, aber auch die E-Wirtschaft, die Oesterreichische Nationalbank und ähnliche mehr. Die Zeche dafür müssen alle fleißigen Berufstätigen – egal, ob Selbständige oder Unselbständige – in Österreich zahlen: vom Lehrling bis zum Pensionisten. Das ist die Wahrheit!

Die Regierung ist bei allen Sanierungsmaßnahmen gescheitert, sei es Semperit, sei es HTM, sei es Kästle oder sei es eine andere Firma. Alles ist danebengegangen! Aber wir, so scheinen Sie zu reden, können alle nichts dafür, wir sind zwar die Mächtigen in der Regierung und bestimmen in diesem Land alles, auch wenn irgendwo Vorstandsposten zu vergeben sind, aber wir können keinen Einfluß darauf nehmen, daß die Wirtschaft in diesem Land wieder funktioniert und floriert! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ein Weiteres kann ich Ihnen mit auf den Weg geben: Die Mitarbeiter in den Banken und Versicherungen haben Angst. Sie werden von einer Regierung regiert, die es nicht verdient, so genannt zu werden. Man weiß genau, daß es mit der Abschaffung des Schillings zu einem Abbau des Mitarbeiterstandes im Bankenbereich kommen wird. Ich weiß, wovon ich rede, weil ich jahrelang Betriebsratsvorsitzender war und heute noch mit den Betroffenen in Verbindung stehe. Das sind die Probleme, die die Menschen bewegen. Heute versichert man ihnen, daß alles gesichert ist – aber nach ein, zwei Jahren kann sich niemand mehr daran erinnern, und die Arbeitnehmer stehen dann auf der Straße. Dabei geht es um gutbezahlte Funktionen, und betroffen sind Mitarbeiter, die einen schweren Einbruch in ihrer wirtschaftlichen Lage hinnehmen müssen, wenn diese Politik nicht funktioniert. Die Politik funktioniert nur dann, wenn Fleiß und Tüchtigkeit einen hohen Stellenwert haben – und nicht das "richtige Parteibuch", das noch immer in allen Bundesländern einen Stellenwert hat. Es feiert dort fröhliche Urständ nach der Devise: Politisch bauen wir zwar ab, aber unsere Macht in diesen Wirtschaftsbereichen bauen wir aus! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die österreichischen Arbeitnehmer wollen gutes Geld für ihre fleißíge Arbeit. Wir brauchen eine Steuerentlastung für unsere Wirtschaft, damit es in unserem Land wieder zu Betriebsansiedlungen kommt. Nur dadurch kann die von Ihnen häufig in den Mund genommene Vollbeschäftigung garantiert werden. Eines bringt mich immer wieder zum Lachen: ÖAAB-Obmann Fasslabend ist einer, der stets von der Vollbeschäftigung redet. Es soll sie vollziehen, er soll sie zustande bringen! Er sitzt in der Regierung und hat dazu die Möglichkeit.

"Fairneß 2000" ist dem Bundeskanzler überreicht worden: Anscheinend hat er dieses Konzept in den Weinkeller mitgenommen, denn anders kann ich mir nicht erklären, warum die angestrebte Gleichstellung von Arbeitern und Angestellten nicht umgesetzt wurde.

Wir brauchen eine zukunftsorientierte Wirtschaftspolitik. Wir brauchen Wirtschaftswachstum, und wir brauchen Stabilität in diesem Land, damit das Vertrauen für Investitionen wieder geweckt wird. Wir brauchen ein investitionsfreundliches Klima. Diese Lösung erwarten sich die österreichischen Arbeitnehmer! (Anhaltender Beifall bei den Freiheitlichen.)

15.17

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zur Beantwortung der Dringlichen Anfrage hat sich der Herr Bundeskanzler zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm.

15.18

Bundeskanzler Mag. Viktor Klima: Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Abgeordneter Gaugg! Ich werde mich bemühen, nach Ihrer Tour


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite