Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 74. Sitzung / Seite 65

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setzgeber in beliebiger Form der Kammerorganisationen bedient, um vor allem selbst keine Bundesbediensteten einsetzen zu müssen – also quasi Personaleinsparung beim Bund –, und es wird Mißbrauch mit Kammerressourcen betrieben. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Ich frage mich: Was habe ich davon, daß eine Kammer – im konkreten Fall die Landwirtschaftskammer, das nächste Mal ist es vielleicht die Arbeiterkammer, und ein anderes Mal ist es die Wirtschaftskammer – sich selber so gestalten kann, wie sie es im Rahmen ihrer gesetzlichen Aufträge für richtig hält, wenn sie dann an die kurze Leine eines Ministeriums genommen wird?

Daher ist es nicht nur aus formalen Gründen verfassungsrechtlich unerträglich, daß wir hier eine Vorlage bekommen, mit der wir so etwas beschließen sollen, sondern es ist auch politisch ein schwerer Fehler. Ich appelliere eindringlich an die Kolleginnen und Kollegen beider Regierungsfraktionen, das nicht zu tun nur deswegen, weil es sich hier sozusagen um eine kleine, niedliche und herzige Kammer handelt, die aufgrund ihrer Größe nicht so stark auffällt. Sie machen einen schweren Fehler!

Ich wollte das von dieser Stelle aus gesagt haben, damit es nicht eines Tages heißt: Jessas na, jetzt ist uns das passiert! Sie werden sich nämlich wundern, wie begeistert die Kammern sein werden, wenn das um sich greift. Denn wenn so etwas einmal in den Verfassungsrang gehoben ist, dann wird der nächste Schritt beim nächsten Mal nicht mehr so schwierig sein. Da wird man sagen: Das haben wir doch damals auch gemacht. Und ich meine: Überlegen Sie, ob Sie das wirklich wollen!

Bevor ich zum Schluß komme, noch eine letzte Anmerkung zum Pflanzenschutzmittelgesetz. Ich bin der Meinung, daß der Fraktionsredner der ÖVP die Hierarchie der politischen Wertstellungen etwas durcheinandergebracht hat, indem er gemeint hat, hier werden gesellschaftspolitische Überlegungen vor den Umweltschutz gestellt. Ich bin der Auffassung, daß der gesamte Landwirtschaftsbereich überhaupt nur dann existieren kann, wenn man einen gesellschaftspolitischen Zugang dazu hat, denn wenn wir rein nach harten Zahlen oder nach irgendwelchen vordergründigen wirtschaftlichen Effekten vorgehen, dann dürften wir uns all das nicht leisten. Daß wir es uns leisten, das ist ein gesellschaftspolitischer Konsens, und daher steht für mich Landwirtschaftspolitik immer unter einem gesellschaftspolitischen Anspruch.

Es geht in diesem Bereich um die Menschen, es geht selbstverständlich um die Landschaft, und es geht auch um die artgerechte Tierhaltung. All das sind gesellschaftspolitische Zugänge, also Zugänge, die einer Werthaltung bedürfen, einer Werthaltung, die sogar etwas kostet, einer Werthaltung, bei der es nicht ums Geld geht, sondern darum, daß wir etwas gerne erhalten wissen wollen, daß wir etwas lebensfähig haben wollen.

Daher meine ich, Herr Kollege Schwarzböck, Gesellschaftspolitik und Landwirtschaftspolitik sollte man nicht trennen, denn Landwirtschaftspolitik ohne einen gesellschaftspolitischen Zugang kann nur ins Auge gehen. (Abg. Schwarzböck: Wer hat das behauptet?) Das wird utilitaristisch, und dann kann sich herausstellen, daß die Landwirtschaftspolitik – unter Umweltschutzaspekten betrachtet – möglicherweise zur flächenweisen Abschaffung von Betrieben führt. Denn Sie wissen ganz genau, daß viele Grundwasserprobleme, die wir derzeit haben, aus Bereichen der Landwirtschaft stammen, indem auf großen Feldern jahrzehntelang mit Kunstdünger Schindluder getrieben worden ist. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

12.4 2

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Zweytick. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte.

12.42

Abgeordneter Johannes Zweytick (ÖVP): Sehr geschätzter Herr Präsident! Meine verehrten Damen und Herren! Herr Abgeordneter Volker Kier! Ich bin praktizierender Landwirt, und mein Herz hängt an dieser Landwirtschaft in Österreich. Selbstverständlich hängt die Existenz dieser in Österreich praktizierten Landwirtschaft von unserer Gesellschaft ab, denn die Gesellschaft ist


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