Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 77. Sitzung / Seite 28

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Wir werden auch nicht dazu übergehen können, Ermittlungen und Strafverfahren in jedem Stadium im vollen Scheinwerferlicht der Öffentlichkeit zu führen und über die Frage ausreichender Verdachtsgründe, über die nächsten Ermittlungsschritte oder gar über Schuld oder Unschuld in Fernsehdiskussionen zu entscheiden. Vielmehr gibt es in dieser Hinsicht Grenzen, bei deren Überschreiten nicht nur der Persönlichkeitsschutz des einzelnen Schaden erleidet, sondern auch das ordnungsgemäße und gesetzestreue Funktionieren der Behörden beeinträchtigt werden kann. Letztlich könnte das unabdingbare Vertrauen der Bevölkerung in stabilisierende Säulen unseres Gemeinwesens und in den Rechtsstaat als solchen gefährdet werden.

Diesbezüglich tragen wir alle große Verantwortung, und ich erlaube mir daher, meinen Redebeitrag damit zu beschließen, an alle, die sich in diesem Land auf der öffentlichen Bühne zu Wort melden und bei der öffentlichen Meinungsbildung mitwirken, zu appellieren, sich stets dieser eminenten Verantwortung bewußt zu sein. – Danke sehr. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

9.48

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke, Herr Bundesminister.

In der weiteren Debatte betragen die Redezeiten jeweils 5 Minuten.

Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Stoisits. – Bitte sehr. (Abg. Dr. Khol: Auch der Gerichtsinspektor hat applaudiert!)

9.48

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Dobro jutro, poštovane dame i gospodo! Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister!

Herr Bundesminister! Ein Rechtsanwalt hat in einem Artikel in einer Zeitung schon vor längerer Zeit zum Thema Lauschangriff und Rasterfahndung einen Kommentar, den er geschrieben hat, mit "Kontrolle ist gut, Mißtrauen ist besser" übertitelt. Nichts, glaube ich, drückt die gesamte Diskussion um diese sogenannten besonderen Ermittlungsmethoden besser aus als dieser Titel "Kontrolle ist gut, Mißtrauen ist besser".

Bedauerlicherweise muß ich sagen: Aufgrund der Erfahrungen, die wir in Österreich im Zusammenhang mit der Telefonabhörung gewonnen haben, ist dieses Mißtrauen sehr berechtigt. Prinzipiell meine ich, daß es unsere Verpflichtung und Ihre als Ressortchef ist – bei all Ihrer Skepsis, die Sie in den letzten Jahren an den Tag gelegt haben, die aber nichts nützt, wie wir jetzt am Resultat sehen werden oder bereits sehen –, dieses Mißtrauen, das in der österreichischen Bevölkerung gegenüber besonderen Ermittlungsmaßnahmen der Strafverfolgungsbehörden herrscht, speziell gegenüber der Polizei und der Möglichkeiten, die es in diesem Zusammenhang gibt, ernst zu nehmen und abzubauen.

Sehr geehrter Herr Bundesminister! Wie die Regierung, in diesem Fall nicht Sie persönlich, aber Ihr Ressortkollege Minister Schlögl, handelt, ist genau das Gegenteil dessen, was ich als verantwortungsvollen Umgang mit so ausgesprochen schwerwiegenden Grundrechtseingriffen wie das, was im Zusammenhang mit Lauschangriff und Rasterfahndung geplant ist, bezeichne.

Ich wiederhole noch einmal, was mein Kollege Anschober gesagt hat: Europol ist die weltgrößte Datenbank. Im Rahmen von Europol ist Österreich verpflichtet, international Daten seiner Bürger, der Österreicherinnen und Österreicher, die eben rassische Herkunft, religiöses Bekenntnis, Angaben zum Sexualleben betreffen, zu sammeln, zu bündeln und auch weiterzugeben! Da können Sie uns – auch wenn Sie versuchen, zu beteuern, daß es einen verantwortungsvollen Umgang gibt – keine Argumente bringen, die das entkräften würden, denn Minister Schlögl hat Ende Mai – das ist noch nicht lange her – die Durchführungsbestimmung zu den Analysedateien zu Europol bereits unterzeichnet und dort keine Vorbehalte seitens Österreichs angemerkt.

Wie wollen Sie also Mißtrauen in der Bevölkerung, berechtigte Kritik einer Bewegung in Österreich, die ihre Zweifel an diesen Maßnahmen kundtut, beseitigen? Dabei handelt es sich nicht nur um liberale und grüne Abgeordnete, sondern auch um den Präsidenten der Rechtsan


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