Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 77. Sitzung / Seite 147

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Wir haben eine überdurchschnittliche Bezahlung der Lehrer. Auch das sehe ich nicht negativ. Kollegin Schmidt, ich darf kurz um Ihre Aufmerksamkeit bitten! Frau Abgeordnete Schmidt! Sie haben diesen Zusammenhang zwischen Bildung und Arbeitsmarkt erwähnt. Sie haben ihn selbst hergestellt. Wir sollten umgekehrt auch einmal darüber nachdenken, daß wir eine vergleichsweise niedrige Arbeitslosenrate haben – nach Luxemburg die zweitniedrigste aller EU-Staaten – und daß wir bei den Jugendlichen unter 25 Jahren nach Luxemburg die niedrigste Arbeitslosenrate haben. Da ist doch der umgekehrte Schluß zulässig, daß wir ein gutes Schulsystem haben, das unsere jungen Menschen sehr wohl und sehr gut auf die Arbeitswelt und auf die Gesellschaft vorbereitet. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Grundzüge der Weiterentwicklung kann ich in der knappen Zeit nur streifen. Ausgangspunkt sollte auch hier das sein, was internationaler Stand der erziehungswissenschaftlichen Forschung ist. Ausgangspunkt für Reformen muß auch hier ein intelligenter Wandel sein. Dazu gibt es zwei zentrale Ansätze. Das eine ist, daß das Individuum in der Schule der Zukunft stärker als bisher im Vordergrund stehen muß. Nicht die Schulklasse, sondern das einzelne Kind muß noch deutlicher gesehen werden. Das zweite ist, daß bei der Arbeit der Lehrerinnen und Lehrer umgekehrt verstärkt das Team zu sehen ist, nicht der Einzelkämpfer in seiner Klasse, sondern das Team, das für die Klasse verantwortlich ist.

Das sind zwei ganz wichtige Grundzüge. Davon ausgehend geht es um Gestaltungsfreiheit in den Schulen und um Verantwortung für diese Gestaltung der Schule: bei den Lehrern, bei den Eltern, bei den Schülern, die daran mitwirken. Schulautonomie, Teilrechtsfähigkeit und Formen von Bildungsregionen sind einige Schlagworte, die ich nur erwähnen kann.

Es geht um Änderungen in der Struktur. Auch das sage ich hier ganz bewußt, weil wir heute auch über schulpolitische Konzepte verschiedener Parteien sprechen. Es geht uns auch um die gemeinsame Mittelstufe, um die gemeinsame Struktur. Es geht um eine noch bessere Abstimmung zwischen berufsbildenden höheren Schulen und den Fachhochschulen, als wir sie derzeit haben.

Es geht um Reformen in der Lehreraus- und -weiterbildung, um Zusammenfassungen, um Bündelung von Ressourcen, und es geht insgesamt um integrative Lösungen, wie wir sie bei den Behinderten getroffen haben, wie wir sie aber noch stärker etwa zwischen Polytechnischem Lehrgang, Berufsschule und berufsbildenden mittleren Schulen treffen müssen. Es geht um integrativere Lösungen als bisher, auch bei der Ausbildung in Flächenberufen oder Berufsfeldern, bei denen etwa eineinhalb Jahre eine gemeinsame Ausbildung erfolgen könnte, ehe die Spezialisierung auf einen der über 200 Lehrberufe einsetzt.

Es geht sehr zentral sicherlich auch um Maßnahmen gegen Mißerfolge an Schulen. Das ist keine Frage. Das ist auch ein zentrales europäisches Programm. Die Europäische Union hat schon Stöße an Dokumenten vorgelegt, denen wir uns nicht entziehen können, bei denen wir aktiv mitmachen müssen, damit unsere Schulen weniger Drop-outs als bisher "produzieren".

Wir haben uns als Koalitionsparteien für diese nächsten noch verbleibenden Jahre ein durchaus engagiertes und ambitioniertes Programm vorgenommen. Eines können Sie sich sicher sein: Schule und Bildung – und zwar von der Vorschule bis hin zum lebensbegleitenden Lernen als Erwachsene – haben für uns absolute Priorität. Da geht es zuallererst um die Qualität der Schule und um die Qualität dessen, was an den Schulen unterrichtet wird.

Es geht aber auch darum, daß wir in den Schulen verstärkt versuchen, nicht angst zu machen, auch in der Schulpolitik nicht angst zu machen, nicht Leute zu verunsichern, sondern Zuversicht zu geben, und zwar den Lehrern und den Schülern, um die es geht.

Ich möchte mit einem Satz Hartmuth von Hentigs, dem Nestor der deutschen Bildungspolitik, schließen, der gemeint hat: Das Zentrale für die Schulen ist es, die Menschen zu stärken und die Sachen zu klären. – Und das geht nur mit einer ebenfalls sachlichen Diskussion. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

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