Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 77. Sitzung / Seite 229

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21.53

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich finde es immer besonders nett, wenn mir Vertreter der Mehrheitsfraktionen ganz generös erklären, daß dieses Gesetz eigentlich nur für die Minderheit gemacht ist. (Abg. Haller: Das ist so "glaubhaft"!)

Ich werde versuchen, Ihnen zu erklären, daß dieses Bahn-Betriebsverfassungsgesetz eigentlich ein FSG-Betriebsverfassungsgesetz ist. Aber Sie werden es mir nicht glauben. Herr Abgeordneter Khol! Sie sollten es sich wirklich genau anschauen! Denn mit diesem Gesetz laufen Sie Gefahr, daß sich auch Ihre ÖAAB-FCG-Fraktion über kurz oder lang aus den Personalvertretungsorganen selbst wegrationalisiert. Sie hat diesem Gesetz ja zugestimmt, und das haben Sie heute wieder einmal erklärt. (Zwischenruf des Abg. Mag. Stadler. )

Ich halte fest: Nicht nur aufgrund der mangelnden Bestimmungen betreffend den Minderheitenschutz – obwohl das ein ganz wesentlicher Punkt in diesem Gesetz ist, mit dem wir nicht einverstanden sind – lehnen wir dieses ab. Insbesondere ist es nämlich ungeheuerlich, daß ein Zentralwahlausschuß mittels eines einheitlichen und einzigen Stimmzettels sozusagen auch den unteren Ebenen über den Stimmzettel diktiert, wie gewählt wird. Das ist unglaublich – aber es ist so! Und das haben Sie zu verantworten! Ich glaube nicht, daß das eine gute und vertretbare Regelung ist!

Meine Damen und Herren von den Regierungsparteien! Schon gar nicht vertretbar ist, daß Sie sich angesichts der Tatsache, daß Tausende Eisenbahner in den nächsten Jahren wegrationalisiert werden, eine Personalvertretungsstruktur geschaffen haben, in der, rund gerechnet, 100 freigestellte Eisenbahngewerkschaftsfunktionäre – ich schätze, daß 95 davon der FSG angehören – in diesem Betrieb Personalvertretungspolitik machen können. (Abg. Mag. Firlinger: Kommunistische Personalvertretungspolitik!) Bei 60 000 Privatbediensteten in der Privatwirtschaft gibt es 22 freigestellte Funktionäre!

Mit dieser Struktur – Herr Abgeordneter Feurstein, Sie können es nachrechnen! – schaffen Sie für 70 bis 100 freigestellte Funktionäre Positionen auf diesen Ebenen. Und das Pikante daran ist, daß uns Herr Abgeordneter Hums mit treuer Miene erklärt, daß diese Ebene des Personalausschusses, also die Zwischenebene, notwendig sei, weil sich diese aus den betrieblichen Strukturen ergäbe!

Herr Abgeordneter Hums! Wir beide wissen, daß diesen vier Personalausschüssen, die gebildet wurden, die entsprechenden Ansprechpartner auf Arbeitgeberseite fehlen. Denn die Bundesbahndirektionen sind schon wegrationalisiert worden, und diese waren der Ansprechpartner für diese Personalausschußvertretungen!

Herr Abgeordneter Hums! Ich halte es wirklich für fatal, daß wir in Zeiten wie diesen – und man kann lange über die Mitbestimmungsrechte der Arbeitnehmer auf den unterschiedlichen Ebenen diskutieren – nicht darüber sprechen, daß Sie sich im Bereich der Eisenbahnen bei bestehenden politischen Strukturen innerhalb der Personalvertretung ein Privileg schaffen, von welchem Sie genau wissen, daß es nur dazu da ist, sich alle Minderheitenfraktionen vom Leib zu halten. Sie denken natürlich in erster Linie an die Freiheitlichen, aber es geht im Prinzip um alle Minderheitenfraktionen. Das ist das erklärte Ziel dieses Bahn–FSG–Betriebsverfassungsgesetzes. Und das halte ich für den eigentlichen Skandal! (Beifall bei den Grünen und bei den Freiheitlichen.)

Sie haben auf diese Weise ein weiteres Mal eine Sonderverfassung geschaffen, die weit über das hinausgeht, was in der Post-Betriebsverfassung festgeschrieben ist. Die Post-Betriebsverfassung ist in sehr vielen Bereichen der Arbeitsverfassung nachgebildet. Wir haben jetzt unterschiedliches Recht für die Privatwirtschaft, für den öffentlichen Dienst, für die Post – mit völlig eigenen Strukturen – und für die Bahn, und innerhalb der Bahn gibt es wieder eine Aufgliederung mit eigenen Vertretungsbefugnissen, Vertretungsanteilen für private Bahnbetriebe und für die ÖBB. Denn auch in diesem Punkt gibt es Unterschiede innerhalb der Bahn-Betriebsverfassung.


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