Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 78. Sitzung / Seite 96

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Was heißt denn Stand der Technik? – Daß jeder Beamte willkürlich sagen kann: Das oder das ist der Stand der Technik! Wir streiten wieder für Generationen um des Kaisers Bart, und es wird nichts weitergehen. So ist es! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Fekter: Aber er kann nicht willkürlich sagen, das ist nicht Stand der Technik!)

Aber die Sache ist auch noch aus einem anderen Grund ein Streit um des Kaisers Bart. Seit unserem EU-Beitritt sind ausländische Gewerbetreibende berechtigt, bei uns Dinge zu tun, die wir Österreicher nicht tun dürfen. Da schreibt der Herr Tschebull ganz richtig: "Die Kopfbekleidungserzeuger als Sensation!", wie ich zuvor erwähnt habe. "Die ganze Diskussion ist ein Streit um des Kaisers Bart, denn nach EU-Recht kann sich jeder Gewerbetreibende, der seinen Beruf in seinem Heimatland drei Jahre lang gesetzeskonform ausgeübt hat, in jedem anderen EU-Land nach Belieben niederlassen und seine gewerbliche Tätigkeit aufnehmen." (Abg. Dr. Fekter: Also wir warten auf die protugiesischen Kappelmacher!)

Daher ist die ganze Debatte um die Liberalisierung des Gewerberechtes notwendig. Sie kommt um 50 Jahre zu spät, sage ich noch einmal. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Aber das Ganze hat natürlich auch einen anderen Aspekt. Herr Minister, Sie sind letztlich dafür verantwortlich. Sie haben am 1. Oktober 1996 – das ist in den Fachmedien vielleicht ein bißchen überzogen dargestellt worden – einen Traum geäußert. Was alles in diesem ersten Entwurf im Oktober 1996 enthalten war und wie am 28. Mai die Wirklichkeit ausschaut, das wissen Sie selbst.

Ich muß Ihnen sagen: Es ist wieder einmal die zünftlerische, protektionistische Haltung der Kammern – nur der Kammern! – beschämend, mit der sie mit 8 bis 9 Milliarden Schilling Kammerbeiträgen verhindern, daß es bei uns zu neuen Unternehmensgründungen kommt, obwohl wir, Herr Präsident, das Schlußlicht sind. Wir haben 6,3 Prozent Unternehmer. Ganz Europa hat mehr als wir. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Ing. Maderthaner: Aber so lesen Sie es doch nach!)

Der Höhepunkt der ganzen Sache ist das neue Bescheidwesen. Das schaut so aus – das schreibt das "WirtschaftsBlatt" ganz richtig –: "Zusperren geht nur mehr mit Bescheid." Das ist die Mentalität dieser Gewerbeordnung: Zusperren geht nur mehr mit Bescheid! (Abg. Dr. Stummvoll: Wir wollen aufsperren und nicht zusperren! – Abg. Dr. Fekter: Wir haben den Schwerpunkt beim Aufsperren!)

Herr Minister, da kann ich Ihnen nur eines raten: Denken Sie doch einmal darüber nach, ob Sie sich im Lichte dieser Entwicklung diesen Bescheid nicht einmal selbst ausstellen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

14.28

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Mag. Maier. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.28

Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Eine Koalitionspartei sieht natürlich diese Gewerbeordnungsnovelle etwas anders als die Vertreter der Opposition. Aus unserer Sicht regelt diese Gewerbeordnung einerseits einmal ordnungspolitische Anliegen, andererseits dient diese Gewerbeordnung – und gerade diese Novelle – dem Schutz und der Förderung der gewerblichen Erwerbswirtschaft sowie dem Schutz vor unterschiedlichen Gefahren.

Ich möchte das mit aller Deutlichkeit betonen. Es geht dabei nämlich auch um die Konsumenten. Gemeint ist da der Schutz vor Gesundheits- und Vermögensschäden. Daher haben jede Deregulierung und jede Liberalisierung dort ihre Grenzen, wo es um den Schutz vor Gesundheits- und Vermögensschäden geht. Daher werden wir uns der Linie, die von den Freiheitlichen, wie etwa in der Person des Kollegen Prinzhorn, oder von der liberalen Fraktion vertreten wird, nie anschließen können.


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