Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 78. Sitzung / Seite 174

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berücksichtigt. Ich hoffe, daß sich die Wirtschaft trotzdem motivieren läßt, wieder mehr Lehrlinge auszubilden.

Es war nämlich die Überreglementierung, die von der Wirtschaft als Hauptgrund für den Rückzug aus der Lehrlingsausbildung angegeben wurde. Aber ich frage mich wirklich: Wo wurde die Überreglementierung tatsächlich abgebaut? – Es gab zum Beispiel die Forderung der Wirtschaft, in begründeten Fällen – etwa bei Nichtentsprechen des Lehrlings, bei Nichtwollen des Lehrlings – ein Lehrverhältnis auch von seiten des ausbildenden Unternehmens lösen zu können, und es gab die Forderung der Wirtschaft nach Verkürzung der Frist der Behaltepflicht.

Ich muß sagen, ich habe in diesem Zusammenhang Verständnis für die Forderung der Wirtschaft, weil es wirklich schwer einsehbar ist, daß ein Unternehmer einen Lehrling nach Ablauf der Lehrzeit, ohne daß er sein Berufsziel erreicht hat, ohne daß er eine Lehrabschlußprüfung abgelegt hat, noch vier Monate zu den kollektivvertraglichen Bedingungen behalten muß. Es gab auch den berechtigten Wunsch nach einer Verlängerung der Probezeit. Was derzeit von der Wirtschaft sozusagen unter dem Tisch geregelt wird, hätte einer klaren und genauen gesetzlichen Regelung bedurft.

Ich darf Sie auch daran erinnern, daß Stadtschulratspräsident Scholz – was meiner Meinung nach durchaus sympathisch ist – junge Menschen ohne Lehrverhältnis in die Berufsschule aufgenommen hat. Diese Menschen sind in vermehrtem Maße in der Wirtschaft untergekommen. Mir ist der Grund vollkommen klar: Der Unternehmer hatte aufgrund der bereits absolvierten Schulzeit eher die Möglichkeit, die Leistungsfähigkeit dieses jungen Menschen richtig einzuschätzen. Der positive Nebeneffekt, daß das auch eine Kostenentlastung für den Betrieb ist, weil ein Teil der Berufsschulpflicht bereits erfüllt ist, kommt eigentlich nur noch verstärkend dazu.

Wir sehen also ganz klar: Wir brauchen genaue gesetzliche Regelungen. Ich weiß aber nicht so ganz, ob nur der Mut oder ob auch das Wollen gefehlt hat. Die Liberalen haben auf jeden Fall entsprechende Initiativanträge eingebracht, und wir werden noch Gelegenheit haben, diese Anträge hier im Haus auch zu diskutieren.

Vielleicht nur noch ganz am Rande, weil wir beim Berufsausbildungsgesetz sind, eine Kuriosität, die ich eigentlich schon lange einmal erwähnen wollte: Der Modus der Lehrabschlußprüfungen gehört ebenfalls reformiert. Ich weiß nicht, inwieweit die Damen und Herren des Hohen Hauses darüber informiert sind, daß derzeit bei nicht positivem Abschluß der Berufsschule die Lehrabschlußprüfung auch schriftlich abzulegen ist. Grundsätzlich ist das positiv. Kurios allerdings ist, daß diese schriftliche Lehrabschlußprüfung auch in Gegenständen abzulegen ist, in denen der Schüler bereits eine positive Beurteilung hatte, während der Unterrichtsgegenstand, der negativ beurteilt wurde, bei dieser schriftlichen Lehrabschlußprüfung überhaupt keine Bedeutung hat. Das ist meiner Meinung nach eine gegenseitige Entwertung: Entweder ist die Lehrabschlußprüfung eine Farce oder die Beurteilung durch die Berufsschullehrer und Berufsschullehrerinnen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nun aber noch zur Berufsreifeprüfung, der wir grundsätzlich sehr positiv gegenüberstehen. Wir haben allerdings dazu einen Abänderungsantrag, den ich gerne einbringen möchte.

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Maria Schaffenrath, Partnerinnen und Partner betreffend ein Bundesgesetz über die Berufsreifeprüfung

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der § 8 Abs. 1 lautet:

"Anerkennung von Prüfungen

§ 8. (1) Die erfolgreich abgelegte Abschlußprüfung eines als gleichwertig anerkannten Lehrganges einer Einrichtung der Erwachsenenbildung ist als Teilprüfung(en) der Berufsreifeprüfung


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