Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 78. Sitzung / Seite 177

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sein, dafür Sorge zu tragen, daß Kindern und Jugendlichen auf allen Ebenen schulischer und beruflicher Bildung eine ausreichende Zahl von Schul- und Ausbildungsplätzen zur Verfügung gestellt wird. Die Novelle, die wir heute beschließen, kann nur ein weiterer Schritt hin zu zeitgemäßen Rahmenbedingungen sein.

Die Lehrlingsausbildung soll vier grundlegende Aufgaben im Interesse des einzelnen Menschen, der Wirtschaft sowie der Gesellschaft und damit auch unseres Staatswesens erfüllen. Diese sind erstens die weitestgehende Vermeidung von Jugendarbeitslosigkeit – das ist, wie ich meine, unbestritten; das ist unser aller Anliegen –, zweitens Ausbildung in einem soweit als möglich der Eignung und Neigung des Jugendlichen entsprechenden Beruf unter Bedachtnahme auf wirtschaftliche und arbeitsmarktpolitische Erfordernisse in unserem Land, drittens ein möglichst reibungsloser Übergang von der Schule auf das Berufsleben durch die Eingliederung der Schulabgänger in das Erwerbsleben und Schaffung der Basis für den Einstieg in den Arbeitsmarkt nach Ende der Lehrzeit, und – viertens – eine fundierte Grundlage für die berufliche Weiterqualifizierung.

Die Lehrlingsausbildung bedarf daher einer grundlegenden Reform mit einer Anpassung an die heute bestehenden Rahmenbedingungen sowie einer Weiterentwicklung zu einem modernen, zukunftsorientierten Berufsausbildungssystem. Damit könnte auch die Akzeptanz der Lehrlingsausbildung in der Öffentlichkeit angehoben werden.

Das duale Berufsausbildungssystem wird auch in der heutigen Zeit grundsätzlich als erforderlich erachtet. Es muß allerdings eine sinnvolle und sachlich fundierte Alternative zur berufsbildenden Vollzeitschule bieten und die Möglichkeiten zum Erwerb von beruflichen Erstqualifikationen adäquat erweitern beziehungsweise abrunden.

Österreich – und darauf sind wir stolz – konnte in den letzten Jahren immer auf die geringste Jugendarbeitslosigkeit innerhalb Europas verweisen. Der entscheidende Grund dafür ist die hochqualifizierte Ausbildung unserer Jugendlichen.

Mit der geplanten Änderung des Kinder- und Jugendbeschäftigungsgesetzes wird das hohe Niveau des Schutzes für Lehrlinge weiterhin gesichert und praxisnah erhalten. Mit dem heutigen Beschluß ist ein Schritt zur Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen getan. Aber eines ist ganz klar – und wir sollten uns selbst damit beauftragen –: Es liegt noch sehr viel Arbeit vor uns! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

19.39

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Öllinger. – Bitte.

19.40

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Werter Herr Präsident! Werte Frau Ministerin! Werter Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es trifft sich gut, Herr Präsident Brauneder, daß gerade Sie den Vorsitz führen, denn so kommen Sie mir am besten ins Gehege. Sie haben sich zum Thema Berufsreifeprüfung in einer Presseaussendung zu Wort gemeldet und gesagt, daß die Berufsreifeprüfung extrem eliten- und bildungsfeindlich sei.

Nun verstehe ich zwar von Ihrem Standpunkt aus – obwohl ich auch da schon Probleme habe, Ihnen zu folgen –, daß Sie das als elitenfeindlich bezeichnen, aber die Elite wird doch dadurch, daß sich jemand eine Qualifikation erwirbt und diese dann nach besten Kräften auszunützen versucht, dadurch, daß sich jemand zu bilden versucht, nicht geschädigt. (Abg. Dr. Trinkl: Fürchten Sie sich?) Bildungsfeindlich kann es doch wohl kaum sein, wenn ein Jugendlicher innerhalb oder nach der Lehrzeit eine weitere Ausbildung in dem Bestreben macht, einen Reifeprüfungsabschluß zu erwerben, um dann zu studieren.

Was, bitte, Herr Präsident, ist daran bildungsfeindlich? Was, Herr Präsident, ist daran elitenfeindlich, wenn jemand studieren will und offensichtlich die Voraussetzungen dazu erfüllt? Ich kann dieser Argumentation nur insofern folgen, als Sie der Meinung sind, es sollen nicht zu viele studieren, damit es eine zahlenmäßig begrenzte Elite gibt.


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