Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 80. Sitzung / Seite 26

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

wir uns als kleines Land, als ambitioniertes, aktives Land hervorragend positioniert – manchmal ein wenig eigenwillig, mit eigenen Ideen und eigenen Prioritäten, was den anderen Mitgliedsländern nicht immer angenehm ist. Aber es ist wichtig und notwendig, daß man mit seiner Eigenart respektiert wird.

Ich war 15 Monate lang der Chefverhandler für die Regierungskonferenz und für die Verhandlungen, die der Herr Bundeskanzler gerade erwähnt hat, und ich bin stolz darauf, daß wir in gemeinsamer Arbeit der österreichischen Bevölkerung ein gutes Ergebnis vorweisen können! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Bis vor wenigen Monaten habe ich im Namen der Bundesregierung und gemeinsam mit all ihren Vertretern ein Jahr lang die Präsidentschaft der Zentraleuropäischen Initiative erfolgreich geführt. In dieser Initiative sind 16 Mitgliedsländer vertreten, die eine Bevölkerung von rund 200 Millionen Menschen repräsentieren. Wir haben durchgesetzt, daß ein Österreicher die Wirtschaftshilfe auf dem Balkan koordiniert. Während meines Vorsitzes ist ein Österreicher zum Chefbeauftragten der OSZE in Albanien geworden. Erstmals nehmen wir an zwei wichtigen Friedenseinsätzen in unserer Nachbarschaft – zwar nicht in unserer unmittelbaren, aber doch wichtigen Nachbarschaft – teil, nämlich in Bosnien-Herzegowina und in Albanien. Und Österreicher leisten dort im Dienst des Friedens, im Dienst der österreichischen Sache hervorragende Arbeit! Darauf bin ich stolz. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Wir haben außerdem in harten Verhandlungen den UNO-Sitz in Wien gefestigt. Der Generalsekretär der UNO, Kofi Annan, war vor wenigen Monaten in Wien. Wir haben erreicht, daß Wien die Welthauptstadt im Kampf gegen die Atombombe und gegen die Weitergabe von Nukleartechnologie wird. Die Atomtest-Stopps werden weltweit von Wien aus überwacht und kontrolliert.

Wir haben ferner sichergestellt, daß der Kampf der UNO gegen das organisierte Verbrechen in Wien geführt wird. Wir siedeln gerade das Wassenaar-Sekretariat in Wien an, das die Weitergabe von Hochtechnologie – besonders wesentlich für die Rüstungsindustrie – verhindern soll. Und ich habe vor wenigen Wochen durch einen einstimmigen Beschluß im EU-Ministerrat erreicht, daß die erste EU-Institution dieser Art, eine Behörde zur Bekämpfung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit, in Österreich, und zwar in Wien, angesiedelt wird.

Herr Abgeordneter Stadler! Ich sage Ihnen folgendes ganz offen: Wenn Sie über das Auftreten der Bundesregierung im Ausland klagen, dann halte ich Ihnen entgegen: Mit Ihnen hätte es keinen EU-Beitritt Österreichs gegeben! (Abg. Mag. Stadler: Wir hätten ihn nur besser vorbereitet als Sie! Wir hätten vor allem die österreichische Öffentlichkeit besser informiert als Sie!) Darüber hinaus hätten Sie den Nachbarn in Mittel- und Osteuropa die kalte Schulter gezeigt. Sie sind an vielen Aktivitäten, die wir international, multilateral im Bereich der UNO durchführen, nicht interessiert. Sie haben gegen Friedenseinheiten und Friedensoperationen gestimmt! – Das sollte bei der Bewertung des öffentlichen Auftretens im Ausland auch zählen. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Ich möchte abschließend betonen: Die oberste Instanz in der Demokratie ist nicht der Leitartikel und nicht der Presserichter, die oberste Instanz ist der Wähler (ironische Heiterkeit bei den Freiheitlichen) , und in diesem Sinn vertraue ich nach 18 Jahren konkreter, positiver Sacharbeit für Österreich auf das Urteil des Wählers und hoffe, daß dies mehr zählt als der Pressespiegel der letzten Woche! (Anhaltender Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Stadler: Darauf können Sie sich verlassen!)

11.27

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bevor wir in die Debatte eingehen, möchte ich noch etwas klarstellen. Ich habe mir den Text der kritisierten Rede vom 9. Oktober in der Duma bringen lassen und möchte betonen: Der kritisierte Satz kommt in dieser Rede nicht vor. Auch der österreichische NATO-Beitritt wird darin nicht abgehandelt, sondern nur die Frage, daß die gesamteuropäische Sicherheit wichtig ist, daß auf die Sicherheitsbedürfnisse aller Staaten, auch Rußlands, Bedacht zu nehmen ist und daß daher die Erweiterung eines Militärpaktes nicht Vorrang vor der gesamteuropäischen Sicherheit hat, sondern die gesamteuropäische Sicherheit das primäre Ziel


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite