Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 80. Sitzung / Seite 63

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hin, Branche her –, wenn Sie es sich so einfach machen und sagen, 80 Prozent der Pleitenfaktoren sind endogen und 20 Prozent sind exogen. Das waren ungefähr die Zahlen, die Sie genannt haben. So einfach ist es nicht.

Fehler werden ohne Zweifel in Unternehmungen genauso gemacht wie in der Verwaltung. In den Unternehmungen bestraft sie der Markt mit dem Konkurs. Nur wenn Sie die Kostenschraube so anziehen, gerade für Klein- und Mittelbetriebe, fällt ein immer größerer Teil aus dem Markt heraus. Wenn Sie Eigenkapitalbildung durch falsche Steuergesetzgebung behindern, nämlich durch die volle Besteuerung der nichtentnommenen Gewinne – denn wenn wir von Klein- und Mittelbetrieben reden, reden wir im wesentlichen von Personengesellschaften und Einzelfirmen –, wenn Sie solche Maßnahmen setzen, dann dürfen Sie sich nicht wundern, wenn mehr und mehr Klein- und Mittelbetriebe aus dem Markt herausfallen, weil sie unter diesen Kapitalbedingungen den Strukturwandel nicht schaffen können.

Ich glaube, es ist daher wesentlich zu kurz gegriffen, zu sagen – ich sage es jetzt ganz salopp –: 80 Prozent der Unternehmer sind schlicht und einfach zu deppert, ein Unternehmen zu führen. Die Frage ist: Welche Unternehmer holen wir uns dann, wenn 80 Prozent zu dumm sind? Jungunternehmerförderung wird bei dieser Form der Mindest-KöSt ohne Zweifel nicht funktionieren.

Meine Damen und Herren! Wenn wir über die wirtschaftliche Lage dieses Landes diskutieren, dann müssen wir auch über die Kosten des Wirtschaftsstandorts Österreich insgesamt reden. Wir müssen darüber debattieren, was dieses Land kostet, was die internationalen Märkte letztlich dafür bereit sind zu bezahlen und was die Österreicherinnen und Österreicher selbst tun. Sie fahren ins Ausland einkaufen. 1995 waren es 31 Milliarden Schilling, für 1996 habe ich noch keinen Wert, er wird sicher darüber liegen, und 1997 wird er weiter steigen. Die Österreicherinnen und Österreicher, die ihren Urlaub im Ausland verbringen, fliehen nicht nur vor diesem miserablen Wetter, sondern sie fliehen auch vor dem teuren Dienstleistungsstandort Österreich. Sie fahren dorthin, wo die Gesamtkosten gegenüber dem Dienstleistungsland Österreich um ein Vielfaches geringer sind und wo sie eine ähnliche Leistung zu geringeren Kosten bekommen.

Wußten Sie, daß nur der Betriebsärzteteil des Arbeitnehmerschutzgesetzes die Betriebe bis 100 Mitarbeiter rund 1 Milliarde Schilling kosten wird? – Ja natürlich gibt es viele gute Argumente dafür. Haben Sie aber auch die Frage geprüft: Wer wird diese 1 Milliarde Schilling bezahlen, welche Märkte sind zusätzlich in der Lage, diese 1 Milliarde Schilling zu bezahlen?

Jeder von uns ist für perfekte Müllentsorgung und Mülldeponien. – Das ist gar keine Frage. Haben Sie sich aber gefragt, wer die Kosten dafür bezahlen wird? – Die Betriebe leiden heute darunter, daß die Gemeindegebühren für Müll, Kanal und Wasser derartig explodieren, daß sie sie in den Preisen ganz einfach nicht mehr unterbringen können. Und wenn man im Exportbereich tätig ist, dann sieht man, daß die Kaufkraft verlorengeht und in andere Länder abwandert.

Untersuchen wir doch, meine Damen und Herren, wenn wir über die wirtschaftliche Lage unseres Landes reden, die Kosten des Wirtschaftsstandorts insgesamt! Ich habe mit großem Interesse das Buch "SOS im Regelwald" gelesen. – Ein Werk, das ich allen Fraktionen empfehlen würde, weil es eigentlich darum geht, nicht immer nur die Kosten von Gesetzen abzuschätzen, also was sie die Verwaltung, die Gebietskörperschaften kosten, sondern darum, abzuschätzen, was denn die Gesetze die Normadressaten, die Haushalte, die Bürgerinnen und Bürger in diesem Lande kosten. Das ist der Punkt, den Sie in den letzten Jahren nicht berücksichtigt haben. Das ist der Grund, warum der Wirtschaftsstandort Österreich so teuer geworden ist und zunehmend an Kundennachfrage und damit auch an Beschäftigung verliert.

Ich füge noch sicherheitshalber hinzu, damit Sie mich nicht mißverstehen: Dort, wo die Rationalisierung, die Produktivität gesteigert werden kann, können Sie steigende Kosten des Landes mit konkurrenzfähigen Lohnstückkosten umsetzen. Es sind vielleicht 500 000 Mitarbeiter in diesem Bereich beschäftigt, der im wesentlichen das exportorientierte Industriegewerbe umfaßt, aber die anderen zwei Millionen Menschen, wenn ich jetzt von den 600 000, 700 000 öffentlich Bediensteten absehe, sind in der Privatwirtschaft beschäftigt. Und dort geht es im wesentlichen nicht darum, die Produktivität so zu steigern, weil die Produktivitätssteigerung in diesem Bereich


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