Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 80. Sitzung / Seite 75

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Exportnachfrage profitiert unmittelbar die Industrie, deren Konjunktureinschätzung und Investitionsabsichten sich am deutlichsten gefestigt haben.

Ungünstig – ich stehe gar nicht an, Herr Kollege Peter, mich mit diesem Thema auseinanderzusetzen – ist die Entwicklung der Leistungsbilanz im ersten Quartal dieses Jahres. Dies ist – keine Frage – mit einem Defizit von knapp über 8 Milliarden Schilling keine Kleinigkeit. Noch 1996 war ein Überschuß in der gleichen Größenordnung erzielt worden. Diese deutliche Verschlechterung ist primär auf zwei ersichtliche Hauptursachen zurückzuführen, und zwar einerseits auf den Warenaußenhandel, minus 10 Milliarden Schilling, und weiters auf die Entwicklung der Reiseverkehrsbilanz. Das ist eindeutig feststellbar.

Trotzdem sehe ich in dieser Entwicklung keine wirtschaftspolitisch dramatische Situation, wenn man die wesentlichen Ursachen betrachtet, und diese habe ich mir genau angesehen. Es ist nämlich gerade in letzter Zeit, 1996, eindeutig gewesen – obwohl es da noch besser war –, daß das Zusammentreffen einer Reihe von Faktoren, die keinesfalls Zeichen einer wirtschaftlichen Schwäche sind, ausschlaggebend war. Das betrifft den Reiseverkehr, und dazu sage ich: Wenn man nicht viel Geld zur Verfügung hätte, könnten die Leute nicht reisen – so unangenehm das auch ist, da gebe ich Ihnen schon recht –, und das betrifft den EU-Beitritt und die Wechselkursentwicklung. Trotzdem – und da stimme ich durchaus mit Ihnen überein – müssen wir der Leistungsbilanz verstärkt Beachtung schenken, signalisiert doch eine dauerhaft defizitäre Leistungsbilanz strukturelle Schwächen. Es steht außer Diskussion, daß eine längerfristige Entwicklung dieser Art keine positive Entwicklungen bringen kann.

Wo sehe ich weiteren Handlungsbedarf? – Wir müssen das wirtschaftliche Umfeld für die Konkurrenzfähigkeit unserer Betriebe, für Unternehmensneugründungen erheblich verbessern. Ein wichtiger Schritt in diese Richtung waren, trotz aller Kritik, Herr Kollege Peter, die Gewerbeordnung – in diesem Zusammenhang kann einem das eine oder andere nicht passen – und insbesondere das sehr unternehmensfreundliche Anlagenrecht. Ich habe bis jetzt – Gott sei Dank! – niemanden gehört, der dieses kritisiert hätte.

Weiters scheinen mir die Verbesserung der Qualifikation des Arbeitskräfteangebotes – da stimme ich durchaus mit Kollegen Van der Bellen überein – bis zur Steigerung der Qualität österreichischer Produkte besonders wichtig zu sein. Gerade das Forcieren von Exportpotentialen im Bereich der Dienstleistungen, wo noch ein erheblicher Nachholbedarf gegeben ist, scheint mir besonders wichtig zu sein.

Die Exportwirtschaft wurde heute schon mehrfach erwähnt. Meine Damen und Herren! Unsere Exportwirtschaft ist – man kann das ruhig sagen – ein Spiegelbild der Entwicklung der Erfolgsbilanz unserer Wirtschaft. Seit dem Jahre 1970 haben sich die Exporte real vervierfacht und erreichen heuer bereits ein Volumen von über 610 Milliarden Schilling. Die Warenzahlungen sind im April 1997 kräftig angestiegen. Die Einnahmen aus dem Export waren deshalb mit 23 Prozent mehr als doppelt so hoch wie die Importzahlungen. Trotzdem sind Maßnahmen zu einer weiteren Steigerung unbedingt notwendig. Die anhaltenden Defizite der Handelsbilanz können aufgrund der rückgängigen Einnahmen aus dem Fremdenverkehr immer weniger ausgeglichen werden. Ich bin ein Realist, und ich glaube daher nicht mehr, daß wir Entwicklungen wie vor zehn Jahren erreichen können; daher muß das Handelsbilanzdefizit anderweitig ausgeglichen werden.

Österreichs Exportquote ist mit seinen rund 25 Prozent des Bruttoinlandsproduktes bei den Warenexporten niedriger als jene vergleichbarer europäischer Volkswirtschaften. Ich denke in diesem Zusammenhang etwa an Finnland, an Schweden oder an die Benelux-Staaten, die alle eine Exportquote von rund 30 Prozent aufweisen. Daher ist diese Exportoffensive der Bundesregierung meiner Auffassung nach so wichtig. Es muß uns gelingen – und nur so können wir sowohl leistungsbilanzmäßig als auch beschäftigungsorientiert vor allem im qualitativen Beschäftigungsbereich Verbesserungen erzielen –, die Exportquote um einige Prozentpunkte zu erhöhen. Ein Prozent mehr bringt einige tausend Beschäftigte mehr – abgesehen davon, daß die Wertschöpfung in diesem Bereich dann entsprechend höher ausfällt. Forschungs- und Entwicklungspolitik muß in Verbindung mit einer Exportoffensive betrieben werden, diesen Punkt habe ich


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