Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 80. Sitzung / Seite 147

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zwischen den zwei Ministerien wurde der Rahmen im Ausschuß auf 1,7 Milliarden Schilling erweitert.

Zusammenfassend muß ich Ihnen sagen: Solange es nicht möglich ist, Entwicklungshilfekredite professionell, mit begleitender Kontrolle und nachvollziehbar dort einzusetzen, wo sie wirklich den Ärmsten der Armen zugute kommen, werden Sie die Zustimmung zum Krediterlaß – und damit zum Erlaß österreichischer Steuermittel – von uns nicht bekommen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

20.03

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Gusenbauer. – Bitte, Herr Abgeordneter.

20.03

Abgeordneter Dr. Alfred Gusenbauer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nachdem Herr Abgeordneter Schreiner ein dreifaches Nein verkündet hat, möchte ich dem ein mehrfaches Ja entgegenstellen, und zwar aus sachlichen Erwägungen. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Das haben wir ja nicht anders erwartet! – Abg. Dr. Graf: Da sind wir sehr überrascht!) Frau Abgeordnete, hören Sie zuerst zu! Später haben Sie Gelegenheit genug, überrascht zu sein. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Ich habe Ihnen zugehört, als Sie im Ausschuß ...!) Ich bin inhaltlich auf das Thema noch überhaupt nicht eingegangen. Haben Sie die Güte, einmal inhaltlich auf ein Argument zu reagieren, statt daß Sie sich vorher bereits exaltieren! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Partik-Pablé: Ich habe Ihnen schon früher zugehört!)

Es handelt sich bei diesem Bundesgesetz betreffend die Ermächtigung zum Verzicht auf die Darlehensforderungen aus der bilateralen Entwicklungshilfegebarung des Bundes gegenüber den Entwicklungsländern um die Einlösung eines Versprechens, das Österreich im Rahmen des Weltsozialgipfels in Kopenhagen als eine Maßnahme zur Bekämpfung der Armut in der Welt abgegeben hat. (Abg. Dr. Graf: Nicht Österreich!) Wenn man sich anhand des neuen Berichts über die menschliche Entwicklung des United Nations Development Program mit der Armut in der Welt auseinandersetzt, stellt man fest, daß die 41 ärmsten und höchstverschuldeten Länder der Erde im Jahr 1980 Auslandsschulden in der Höhe von 55 Milliarden hatten, im Jahr 1990 183 Milliarden und im Jahr 1995 215 Milliarden.

Heute besteht nicht nur beim United Nations Development Program, sondern inzwischen auch bei der Weltbank und beim Internationalen Währungsfonds die Auffassung, daß es nur dann eine Chance auf Entwicklung und Überwindung der Armut in diesen Ländern geben kann, wenn sie von ihrer enormen Schuldenlast befreit werden. Sie haben keine Entwicklungsperspektive, wenn sie weiterhin mehr als 50 Prozent ihrer gesamten Exporterlöse für die Abtragung der Schulden der Vergangenheit aufwenden müssen. Wenn man die Überwindung der Armut will, wenn man möchte, daß Armut weltweit zurückgedrängt wird, ist dieser Schuldenerlaß eine entscheidende Voraussetzung dafür. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Entwicklungsländer haben unterschiedliche Arten von Schulden: Sie haben Kredite bei internationalen Finanzinstitutionen, Kredite aus der Exportförderung, Kredite aus der sogenannten Entwicklungshilfe. Wie wir alle wissen, sind das sogenannte weiche Kredite, Kredite, die in aller Regel kaum zurückbezahlt werden, weil diese Art von Krediten auch von den Geberstaaten eigentlich als Entwicklungshilfe angesehen wird. Wenn Sie die Liste, die der Regierungsvorlage beiliegt, genau durchsehen, werden Sie merken, daß es sich nahezu ausschließlich um zurückliegende Projekte der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit handelt, für welche Kredite fällig gestellt wurden.

Ist das Ausmaß dieser 1,7 Milliarden Schilling wirklich so dramatisch? – Es handelt sich dabei um die Summe aller Kreditrückzahlungen bis zum Jahr 2042, das heißt, nahezu für die nächsten 50 Jahre. Ein Großteil dieser Stundungen oder Nichtrückzahlungen wird erst in einigen Jahren wirksam werden. Die fiktive jährliche Budgetbelastung ist daher außerordentlich gering. Man muß offen zugeben, daß diese Maßnahme materiell nicht gerade gigantische Ausmaße hat. Aber es ist eine Maßnahme mit großer Symbolwirkung, weil Österreich damit ein Zeichen setzt, daß es einen Beitrag zur Entschuldung leistet, und zwar zu einer Entschuldung, die nicht mehr


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