Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 82. Sitzung / Seite 41

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Nun zur Gentechnik. Es gab – und die Grünen haben das im Rahmen einer Dringlichen Anfrage aufgezeigt – diverse Vorsprachen der österreichischen Genlobby, Firma AgrEvo, bei den eigentlichen und tatsächlichen Gentechnikministern, bei Bartenstein, Molterer und Farnleitner. Man hat im Vorfeld des Volksbegehrens hier ganz offenbar versucht, diese Vorsprachen nicht an die große Glocke zu hängen, aber bereits unmittelbar danach hat es dann geheißen, im Herbst wird es Freisetzungen von Winterraps, von gentechnisch manipuliertem Saatgut geben.

Meine Damen und Herren! Der Appell von Mitgliedern der Bundesregierung, die Industrie möge so lange, bis, ich weiß nicht, wer, Europa oder Amerika oder Japan oder die ganze Welt oder der liebe Gott, reagiert, freiwillig auf Freisetzungen verzichten, ist meiner Meinung nach blamabel. Eine deutlichere und beschämendere Abdankung der Politik kann es ja wohl nicht geben! Der Appell von zuständigen Regierungsmitgliedern, die Industrie möge doch, bitte schön, mit Verlaub, so "lieb und nett" sein und die über 1,2 Millionen Unterschriften von Österreicherinnen und Österreichern ernst nehmen, dieser Appell, dieser fromme Wunsch ist etwas, wozu wir ein gewähltes Parlament und eine von den Mehrheitsparteien gebildete Regierung de facto überhaupt nicht mehr brauchen.

Ich habe auch den Eindruck, daß das die beabsichtigte Vorgangsweise ist. Und vielleicht mag es im Lichte der Vorkommnisse von gestern abend ja auch eine ganz vernünftige Vorgangsweise sein, denn dort, wo es um kommerzielle Interessen, vielleicht auch um Überzeugungen geht, etwa bei den Firmen Spar, Billa und Meinl, orte ich erheblich mehr Berechenbarkeit als bei Abstimmungsvorgängen dieser Art: Weil die einen nicht dürfen, können die anderen jetzt nicht mehr zu der öffentlich geäußerten Meinung stehen. – Also bevor uns auch in Sachen Gentechnik derartiges ins Haus steht, ist die Umweltbewegung, würde ich sagen, gut beraten, gleich mit den wirtschaftlich potenten Lobbies zu reden, auch zu sagen, wie sich das Konsumentenverhalten wahrscheinlich in Zukunft gestalten und welche Entwicklungen es auf den Märkten geben wird. Ich denke, da wird einiges mehr an Berechenbarkeit vorhanden sein.

Meine Damen und Herren! Was die Frage der Behandlung des Volksbegehrens in diesem Ausschuß betrifft, weist auch das darauf hin, daß es einmal mehr um Parteitaktik und nicht um die Frage, was wo sinnvollerweise abgehandelt werden soll, geht. In der Präsidiale haben wir vernommen – ich habe es zu meinem großen Erstaunen aus dem Mund von Klubobmann Khol vernommen –, daß das Gentechnik-Volksbegehren etwas ganz anderes anstrebt als das Gentechnikgesetz und daß es daher sachlich begründet sei, dieses Volksbegehren woanders abzuhandeln als die Gentechnikmaterie als solche.

Das Gentechnik-Volksbegehren – so Khol – ziele nämlich darauf ab, die Forschungsfreiheit einzuschränken, der Wirtschaft Zügel anzulegen, im großen und ganzen eine neue Sparte in Forschung und Wirtschaft zu verhindern, und zwar durch Einschränkung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Freiheiten, und daher gehöre dies in den Verfassungsausschuß und daher müsse dies ein Unterausschuß unter dem Vorsitz von Frau Rauch-Kallat abhandeln. (Abg. Dr. Pumberger: Das haben Sie unterschrieben! Da sind Sie dafür!)

Warum dann aber hier in diesem Haus bereits Anträge liegen, die sehr wohl alle Forderungen des Gentechnik-Volksbegehrens beinhalten und im Rahmen einer Novelle des Gentechnikgesetzes zu behandeln sind, warum diese sehr wohl offenbar möglich waren, das konnte nicht geklärt werden. Insofern, Herr Abgeordneter, ist etwas anderes beschlossen worden, nämlich daß ein eigener Ausschuß gebildet wird, und bezüglich der Frage, wie denn der eingesetzt wird, frage ich Sie, welche Bündnisse Sie hier eingehen – offenbar sind diese auch nicht so zuverlässig, wie Sie sich das anscheinend gestern abend vorgestellt haben.

Ich will die Beratungen dieses besonderen Ausschusses nicht von vornherein hier mit Unkenrufen belasten, aber mir haben die Ereignisse von gestern abend und auch die Frage, was im Vorfeld dieses Volksbegehrens passiert ist, nämlich dieser Lobbyismus bei den eigentlichen Gentechnikministern, schon eine ein bißchen, wie ich meine, realistische Sicht der Dinge nahegebracht. Wie gesagt, ich denke, es ist sehr vernünftig, wenn die Umweltbewegung auch der Wirtschaft federführend klarmacht, was es heißt, die Interessen der Bevölkerung nicht zu berücksichtigen.


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