Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 82. Sitzung / Seite 184

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20.23

Abgeordneter Ing. Mag. Erich L. Schreiner (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir beraten heute ein ganzes Paket, das man Änderung der Konkurs-, der Ausgleichs- und der Anfechtungsordnung übertiteln kann, und eine Neuimplantierung eines wahrscheinlich für die Wirtschaft und für Unternehmer sehr wichtigen neuen Gesetzes, des Unternehmensreorganisationsgesetzes.

Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich folgendes feststellen: Wenn man in das Bundesgesetzblatt schaut, dann sieht man, daß die Konkursordnung aus dem Jahre 1914 stammt, konkret: Reichsgesetzblatt Nr. 337/1914, das heißt aus einer Zeit vor der Republik. Herr Bundesminister für Justiz! Eigentlich hätten wir Freiheitlichen uns erwartet, daß die Konkurs-, die Ausgleichs-, die Anfechtungsordnung samt dem Unternehmensreorganisationsgesetz einer Neukodifizierung und einer Gesamtreform zugeführt werden. Das wäre eigentlich angemessen gewesen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich glaube, daß man mit vielen Wirtschaftsgesetzen, die noch immer auf Bestimmungen beziehungsweise Gesetzen des vorigen Jahrhunderts fußen, knapp an der Schwelle zum nächsten Jahrhundert nicht mehr das Auslangen findet.

Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Ich möchte eingangs ein paar ohne weiteres auch positive Bemerkungen zu einem Teil, der mich sehr interessiert, nämlich dem Unternehmensreorganisationsgesetz, machen.

Dieses Unternehmensreorganisationsgesetz ist bildlich gesprochen ein Gesetz, das einem Unternehmen die Möglichkeit eröffnet, einen Facharzt aufzusuchen, eine Einweisung in ein Krankenhaus zu machen und mit einem Reorganisationsplan, mit einem Reorganisationsprüfer zu versuchen, sein Unternehmen wieder fit zu bekommen. Die Konkursordnung, der Zwangsausgleich und dann anschließend die Liquidation, ist nichts anderes als die Ordnung für ein Begräbnis eines Unternehmens. Das heißt, es sind in dieser Regierungsvorlage zwei an sich ganz verschiedene Rechtsmaterien dem Sinne nach geregelt, auf der einen Seite Adaptierungen der Konkurs-, der Ausgleichs- und der Anfechtungsordnung, auf die ich noch näher zu sprechen kommen werde, auf der anderen Seite eine tatsächliche Neuerung, bei der sich der Gesetzgeber fragen muß: Wird das die Wirtschaft, wird das der Unternehmer auch annehmen?

Da haben wir, Herr Bundesminister für Justiz, einige Bedenken, wenn die Regierungsvorlage ohne Abänderung – eine solche möchte ich nun einbringen, und diese wird auch verteilt, und ich werde kurz darauf Bezug nehmen – beschlossen wird.

Da geht es einerseits um ein zentrales Problem: Ein Unternehmer begibt sich in die Reorganisation, erstellt einen Reorganisationsplan und fragt dann: Welche Auswirkungen hat das für meinen Betrieb? – Ich bekomme einen Schuldennachlaß von zum Beispiel einer Million Schilling, den ich dringend brauche, um mich sanieren zu können. Ich mache eine Reorganisation meiner Verwaltung, ich mache ein neues Management, ich suche nach neuen Produkten. – All das steht da drinnen.

Wenn er den Reorganisationsplan umsetzt, kommt auf einmal hintennach der Bundesminister für Finanzen – in Anwendung des Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetzes – und nimmt ihm von der einen Million, die er von irgendeiner Bank gestrichen bekommen hat, wieder zwischen 300 000 S und 400 000 S weg. – Das kann doch bitte nicht im Sinne des Erfinders dieses Gesetzes sein! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Das ist deswegen ein Unding, weil sich jeder Unternehmer sagen wird: Das tue ich mir nicht an, daß ich mit allen Banken verhandle, daß ich mit Lieferanten verhandle und mir dann der Bundesminister für Finanzen über das Finanzamt eine Steuervorschreibung schickt, laut der ich ihm einen Teil dieses Sanierungsgewinnes in Form von Steuern wieder zurückgeben muß.

Ein zweiter Punkt ist, daß in der Übertitelung dieses Unternehmensreorganisationsgesetzes steht, das solle ein Gesetz wie Chapter 11 in den USA sein. Wenn man sich Chapter 11 ansieht, stellt man fest: Dort ist während der Laufzeit dieser Unternehmensreorganisation ein Insolvenz-


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