Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 83. Sitzung / Seite 59

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batte nicht förderlich, führt er doch dazu, daß das, was der gelernte Österreicher ohnedies weiß, daß nämlich eine Sache, eine Tätigkeit oder eine Politik niemals so schlecht ist, wahrlich nicht so schlecht ist, wie die Opposition behauptet, aber auch nicht so gut, wie der Vertreter der betreffenden Partei in Antwort darauf sagt, noch hervorgehoben wird, daß dieser Effekt noch verstärkt wird, sodaß es noch weniger zu einer wirklich sachlichen inhaltlichen Beurteilung der Außenpolitik kommt. Ich bedaure dies, weil die Debatte dadurch noch stärker in eine Schwarzweißmalerei abgleitet, obwohl die Sache an sich es verlangen würde, daß man in aller Ruhe über Vor- und Nachteile mancher Dinge spricht.

Theo Sommer bemerkte unlängst, daß die Weltpolitik derzeit anmutet wie der Ausblick von der Zugspitze: Gipfel reiht sich an Gipfel, darüber einige Gewitterwolken, in den Niederungen Nebel, und der Horizont verschwindet im Dunst. – Ich weiß nicht, ob es in dieser Prägnanz stimmt, aber sicherlich ist die Weltpolitik so, daß sie für jeden Staat und seine Außenpolitik die Notwendigkeit schafft, nicht nur einzelne Schritte zu überlegen, nicht nur einzelne Gipfel zu betrachten, sich nicht durch den Nebel in den Niederungen verwirren zu lassen und den Horizont nicht im Dunst verschwinden zu lassen, sondern jene Gläser aufzusetzen, die es ermöglichen, auch die Horizonte noch zu erkennen.

Was die heutige Erklärung des Herrn Außenministers betrifft, so muß ich sagen, daß meine Fraktion mit den Grundzügen dieser Erklärung und auch mit den meisten der einzelnen Punkte einverstanden ist. Da gleichzeitig auch der Außenpolitische Bericht debattiert wird, möchte ich dazu, also zu unserer Außenpolitik, sagen, daß wir auch da mit vielen Punkten übereinstimmen, Herr Außenminister, daß es aber auch einige Punkte gibt, zu welchen wir Kritik zu äußern haben, was ich im Verlauf meiner Rede auch tun werde.

Was den Amsterdamer EU-Gipfel betrifft, so wird es anläßlich der Ratifizierung und wenn die Dokumente in ihrem endgültigen Wortlaut vorliegen werden, sicherlich noch die Möglichkeit geben, eine endgültige Bewertung durchzuführen. Ich glaube, es geht den meisten Kollegen, wenn sie ehrlich sind, so wie mir: Was den Wirklichkeitssinn in bezug auf die Europäische Union betrifft, so ist man mit den Ergebnissen zufrieden, was aber den Möglichkeitssinn betrifft – wenn ich bei dem Musilschen Vergleich bleiben darf –, so ist dieser mit dem, was bei dem Gipfel herausgekommen ist, natürlich nicht zufrieden.

Was die österreichische Haltung, das österreichische Auftreten, betrifft, so meine ich, daß wirklich Grund zur Zufriedenheit bestehen kann: Nicht nur in den großen Dingen, die Österreich erreichen wollte, sondern auch in vielen Details ist es uns gelungen, uns durchzusetzen. Das zeigt, daß Österreich sich in weiten Bereichen gut auf diese neue Ebene, auf diesen neuen Mechanismus, auf diese neue Form des politischen Agierens eingestellt hat und damit seine Wünsche in einem gewissen Ausmaß präsentieren und verwirklichen kann. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Was die NATO und den Madrider Gipfel betrifft, Herr Bundesminister, so stimme ich Ihnen zu, daß deutlich geworden ist, daß die NATO dem umfassenden Sicherheitsbegriff verpflichtet ist, daß sie andere Aspekte einbezieht, daß klar ist, daß sie gegen niemanden gerichtet ist und daß sie im Zusammenwirken mit anderen für eine Sicherheitsarchitektur in Europa eintritt. Das heißt, in der Beurteilung dieser positiven Ergebnisse des Gipfels, dieser positiven Entwicklung der NATO, stimme ich Ihnen vollkommen zu.

Ich weiß allerdings nicht, ob man in der Frage Osterweiterung – in der ich auch die Positiva sehe – tatsächlich so überzeugt sagen kann, daß dadurch keine neuen Trennlinien geschaffen werden. Hiezu wäre es meiner Ansicht nach notwendig, eingehendere Betrachtungen anzustellen. Viele haben darauf hingewiesen und weisen darauf hin, daß diese Art der Vorgangsweise schon Trennlinien geschaffen hat, daß etwa Trennlinien in Westeuropa entstanden sind – Jospin hat von der neuen Hegemonie Amerikas gesprochen – und daß auch Trennlinien in Osteuropa entstanden sind. Die Erweiterung um die bestimmten Staaten – ich betone: ich vergönne es ihnen – scheint aber eher auf die Erfahrungen und Einschätzungen im Hinblick auf einen klassischen Krieg zwischen zwei Staaten als auf die neuen Bedürfnisse der Sicherheitspolitik abgestellt worden zu sein. Denn wenn es um den umfassenden Begriff, um die neuen Gefähr


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