Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 84. Sitzung / Seite 45

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Ja, Kiermaier hat recht. Was wir aber tun müssen, ist, die Lehre nach oben zu öffnen, klarzumachen, daß der Einstieg für 14jährige ohne Polytechnischen Lehrgang ganz klar entweder berufsbildende höhere Schule oder Lehre sein kann. Es gibt heute Öffnungen nach oben, das weiß ich schon, aber es sind viel zu wenige, und sie sind zu schwierig. Wir müssen die duale Ausbildung völlig neu organisieren. Es gibt entsprechende Anträge der Liberalen – bitte behandeln Sie diese! Und wenn Sie aufgrund parteipolitischer Bretter vor dem Hirn Anträge der Liberalen nicht behandeln wollen, dann ziehen wir unsere zurück, und Sie dürfen sie selber einbringen. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

9.43

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Öllinger. Er hat das Wort.

9.43

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren auf der MinisterInnenbank! Hohes Haus! Es ist natürlich schon nett, wenn uns die Frau Bundesministerin hier erklärt, seit Februar 1997 werde der demographischen Entwicklung in diesem Land im Bereich der jugendlichen Arbeitslosen gegengesteuert. Das Problem dabei ist nur: Februar 1997 – das haben einige Vorredner schon betont – ist reichlich spät dafür!

Meine Damen und Herren! Seit Jahren wissen Sie über die Situation auf dem Lehrstellenmarkt Bescheid. Seit Jahren wird hier in diesem Haus über die Entwicklung auf dem Lehrstellensektor debattiert. Seit Jahren haben Sie keine Maßnahmen getroffen. Und ausgerechnet heuer bemühen Sie sich, hier kurzfristig Maßnahmen zu setzen. Ich betone ausdrücklich "kurzfristig" und komme noch zu einer weiteren Einschränkung: Wir diskutieren hier – und das ist wertvoll und auch wichtig – über die Lehrlinge, aber das Thema der Debatte ist eigentlich die Jugendarbeitslosigkeit.

Meine Damen und Herren! Es geht nicht nur um die Lehrlinge. Es geht auch um die Tatsache, daß offiziell über 30 000 Jugendliche beziehungsweise junge Menschen arbeitslos gemeldet sind. Sie alle hier in diesem Haus wissen: Das ist nicht die richtige Zahl, es sind selbstverständlich viel mehr Jugendliche arbeitslos, viel mehr suchen eine Arbeit und finden sich nicht in den Statistiken des Arbeitsamtes wieder, weil sie halt irgendwo doch noch irgendeine Beschäftigung haben, vielleicht von den Familien noch ein oder zwei Jahre länger gehalten werden. Das ist doch die reale Situation, die sich aus diesen Statistiken überhaupt nicht erkennen läßt.

Zurück zur Lehrlingssituation. Ich anerkenne, daß die Bundesregierung heuer Maßnahmen trifft. Ja, aber, Frau Ministerin, auf wessen Kosten? – Da gibt es heute die Meldung im "Kurier", wonach der Leiter des AMS – und das ist ja nicht neu, wir haben in der Vergangenheit immer wieder darauf hingewiesen – erklärt, die Mittel für die aktive Arbeitsmarktpolitik seien zu knapp. Wenn der Anteil an Lehrlingsförderung weiterhin gehalten werden solle, dann bleibe für die anderen Bereiche nichts mehr. – Das ist die Realität, mit der wir uns eigentlich auch auseinandersetzen sollten. Sie haben sich entschlossen, heuer über eine Milliarde Schilling in den Bereich der Lehrlingsförderung zu stecken. Gut, anerkennenswert! Aber Sie sagen nicht, Herr Verzetnitsch sagt nicht, daß gleichzeitig für die Jahre 1998 und 1999 15 Milliarden, die dem Budget der Arbeitsmarktverwaltung entnommen werden, für die aktive Arbeitsmarktpolitik verlorengehen. 15 Milliarden! Diese Zahlen stimmen. Ich kann Ihnen das auch vorrechnen, Frau Ministerin: 15 Milliarden werden entnommen und fehlen daher nicht nur für die Jugendlichen, sondern auch für die anderen Problembereiche auf dem Arbeitsmarkt. Das ist die Situation!

Wenn wir von diesen 5 Milliarden, die für die aktive Arbeitsmarktpolitik zur Verfügung stehen, eineinhalb Milliarden für die Jugendlichen wegnehmen, dann haben die anderen weniger. Im nächsten Jahr werden wir uns daher in einer Debatte damit zu befassen haben, daß sich für die älteren Arbeitnehmer, wie schon jetzt auf dem Arbeitsmarkt erkennbar ist, die Situation weiter verschlechtert hat. Dann wird sich die Bundesregierung herstellen und sagen: Wir machen eben jetzt ein Programm für die älteren Arbeitnehmer. Damit werden wir übernächstes Jahr wieder das Problem haben, daß wir für die Jugendlichen neue Maßnahmen setzen müssen.


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