Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 84. Sitzung / Seite 213

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22.08

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Der Antrag unserer Fraktion, der heute hier, nachdem er den Innenausschuß passiert hat, zur Debatte und zur Abstimmung steht, hat einen wirklich ganz einfachen, allerdings gesellschaftspolitisch nicht unwichtigen Grund.

Wir sind nach wie vor der Meinung – und werden diese Meinung mit Ausdauer und Geduld vertreten –, daß die Frage des persönlichen Religionsbekenntnisses etwas ist, was nicht in Form von Meldedaten zwangsweise zu erheben ist. Daher haben wir diesen Änderungsantrag eingebracht.

Ich erinnere mich an die Debatte im Ausschuß: Mir ist schon bewußt, daß es gewisse Interferenzen in Hinblick auf andere, insbesondere auch völkerrechtliche Verpflichtungen gibt, aber ich frage mich: Ist es der einzige Weg, die öffentlichen Dienstleistungen für die Religionsgemeinschaften, die darauf überhaupt reflektieren – denn nicht alle reflektieren darauf, wie wir wissen –, auf die Straße zu bringen, daß wir real ein Melderecht haben, in dem eigentlich der Glaubens- und Gewissensfreiheit widersprechende Vorschriften enthalten sind? Ich kann mir nicht helfen, aber ich bin der Meinung, daß es nicht wirklich mit der Glaubens- und Gewissensfreiheit in Einklang zu bringen ist, wenn man die Menschen durch ein solches Gesetz zwingt, ihre diesbezüglichen Positionen der Verwaltungsbehörde zur beliebigen Disposition und letztlich Weitergabe anzuvertrauen.

Ich erinnere an andere Vorschriften vergleichbarer Art, die uns vielleicht bei einer anderen Gelegenheit noch beschäftigen werden, wie etwa die in die Tiefe gehenden Erfassungen von Persönlichkeitsdaten im Burgenland. Ich bitte Sie daher wirklich herzlich: Nehmen Sie, bevor wir abstimmen, noch einmal eine Güterabwägung vor, und überlegen Sie, ob das Argument überhaupt zutreffend ist, daß genau diese Bestimmung im Meldegesetz zwingend eine Durchführungsbestimmung zum Konkordat ist. Ich bezweifle das nämlich. Ich glaube nicht, daß das, was im Konkordat zum Ausdruck kommt, zwingend zur Folge hat, daß das Meldegesetz so aussehen muß, wie es hier aussieht.

Wenn es allerdings so sein sollte, dann – dessen bin ich mir hundertprozentig sicher – ist es möglich, mit dem Heiligen Stuhl in konstruktive Gespräche einzutreten. Denn die Menschen, denen ihr Glaube wirklich ein Anliegen ist, haben damit genausowenig Freude wie wir. Sie sehen es zwar als praktisch für ihre Finanzverwaltungen an – das ist etwas anderes –, aber wenn sie denselben Zweck mit anderen, menschenwürdigeren Mitteln erreichen könnten, wäre es ihnen auch lieber.

Wenn jemand daran interessiert ist, sich die Verwaltung der Einbringlichmachung seiner Mitgliedsbeiträge zu erleichtern, dann, so meine ich, kann man von demjenigen die Kreativität verlangen, sich eine bessere Methode einfallen zu lassen, bei der – wenn es im Konkordat so steht, möge es eben so sein – die öffentliche Hand zwar behilflich ist, die aber nicht zu Lasten der Offenlegung aller Religionsbekenntnisse aller Bürger beziehungsweise aller Menschen in diesem Land, die sich polizeilich melden müssen, gehen soll. Denn man muß sich folgendes überlegen: Was geschieht, wenn jemand auf dem Meldezettel – absichtlich oder unabsichtlich; ich sage jetzt einmal: absichtsvoll oder weil er Angst hat, nicht vor dem Kirchenbeitrag, sondern vor irgend etwas anderem – ein falsches Bekenntnis einträgt, irgendein anderes als das zutreffende. Was passiert dann? Welche Sanktion tritt dann ein?

An und für sich muß dann die volle Strenge des Gesetzes greifen. Damit sind wir aber genau dort, wohin wir nicht gerne geraten wollen, nämlich daß sich jemand deswegen strafbar macht, weil er – aus welchen inneren Motiven auch immer – sein Religionsbekenntnis verborgen halten wollte. Ich glaube, das habe wir alle nicht nötig. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum sowie des Abg. Mag. Posch. )

22.11

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Gradwohl. Er hat das Wort.


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