Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 85. Sitzung / Seite 131

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zent besteuert. Es ist ja nicht einzusehen, daß jemand, der ein Unternehmen gründet und sein Kapital, das er bisher frei verfügbar hatte und das er etwa in Staatspapieren, wenn Sie wollen, veranlagt hatte – dort hat er die 25 Prozent KESt bezahlt –, in das Unternehmen steckt, nun auf den Grenzsteuersatz von 50 Prozent kommt. Das ist eine Besteuerung der Substanz einer Personengesellschaft oder Einzelfirma, verhindert die Akkumulation von Kapital für zukünftige Investitionen und führt zu laufenden Kapitalabflüssen, weil es offensichtlich interessanter ist, sein Geld außerhalb der Firma zu veranlagen und 25 Prozent KESt zu bezahlen, als es in der Firma stehen zu lassen, wo man für die Erträge aus diesem Kapital 50 Prozent Einkommensteuer bezahlt.

Ich glaube, das ist ein weiterer Beitrag, den wir bei der Beurteilung von Lösungen hinsichtlich der Unternehmensbesteuerung mit diskutieren sollten. Ich bitte daher um eine seriöse und sachliche Diskussion. Ich darf mich dafür schon im vorhinein bedanken und hoffe, daß wir bald im Ausschuß ernsthaft über diese Themen reden werden. Die Zeit drängt. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

17.44

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Gusenbauer. – Bitte, Herr Abgeordneter.

17.44

Abgeordneter Dr. Alfred Gusenbauer (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte mich, ohne den Beratungen des Finanzausschusses vorzugreifen, in einer ersten Lesung, wie es so richtig heißt, mit den aufgeworfenen Fragen befassen. Nach den Informationen, die ich aus dem Justizministerium eingeholt habe, scheint dieser Antrag ein Problem mit dem EU-Recht zu bringen, und zwar in bezug auf die vorgesehene Änderung des Handelsgesetzbuches. Die darin vorgesehene Aufwertung ist – zumindest nach Auskunft des Justizministeriums – bisher nicht mit dem EU-Recht kompatibel, daher könnte eine österreichische Änderung ohne eine entsprechende EU-rechtliche Sonderregelung nicht erfolgen. Meiner Information nach ist auch nicht mit einer Änderung innerhalb der Europäischen Union in diese Richtung, nämlich einer handelsbilanzmäßigen Aufwertungsmöglichkeit bis zum Verkehrswert, zu rechnen.

Was auf der anderen Seite die Steuerbilanz betrifft, wäre natürlich eine Aufwertung auf die Verkehrswerte EU-rechtlich zulässig. Nur frage ich mich, ob es, wenn es dann zu einem völligen Auseinanderfallen zwischen den handelsbilanzmäßigen und den steuerbilanzmäßigen Buchwerten kommt, eine wirkliche Verwaltungsvereinfachung im Rechnungswesen der Unternehmen bringen würde oder ob das ... (Abg. Böhacker: Kollege, das ist ja jetzt schon so! Handelsrecht und Steuerrecht klaffen ja jetzt schon weit auseinander!) Richtig! Aber dies würde, zumindest meinem Verständnis nach, eine zusätzliche Veränderung bringen. (Zwischenruf des Abg. Mag. Peter. ) Und die EU-Kompatibilität? Da dürfte es offensichtlich unterschiedliche Auffassungen zwischen Ihnen und dem Justizministerium geben.

Was die Frage der steuerlichen Betrachtung des Ganzen betrifft, ist es natürlich reizvoll, daß Sie höhere Einnahmen in Aussicht stellen. Das hört sich gut an. Meinem Eindruck nach findet das aber nur im Aufwertungsjahr statt. Nur dann ist mit einem gewissen Mehraufkommen zu rechnen. Allerdings wird es in den Folgejahren durch entsprechend höhere Abschreibungen zu Mindereinnahmen kommen. (Abg. Böhacker: Richtig!)

Wenn wir wissen, daß bei Körperschaften der lineare Satz von 34 Prozent zur Anwendung kommt und Sie die Aufwertungsgewinne nur mit in etwa 10 bis 15 Prozent besteuern wollen, dann bedeutet das langfristig natürlich Mindereinnahmen für das Budget. Das kann durchaus gewollt sein. Ich halte das aber, zumindest zur Stunde, für keinen sehr probaten Vorschlag.

Der dritte Punkt, der mir problematisch erscheint, ist die Frage der Technik der Besteuerung des Aufwertungsgewinnes. Denn die bloße Festsetzung eines Steuersatzes für den Aufwertungsgewinn läßt nämlich die Frage offen, wie etwa bei Verlusten aus dem laufenden Geschäftsbetrieb, bei Verlusten aus anderen Einkunftsarten oder bei Verlustvorträgen vorzugehen ist. Sollte zum Beispiel – das kann ich mir vorstellen – eine objektsteuerartige Erfassung des


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