Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 87. Sitzung / Seite 54

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Enquete des Nationalrates zum Thema Familienpolitik und familienpolitische Fragen statt, die durchaus kontroversielle Gesichtspunkte ans Tageslicht brachte.

In den vergangenen Jahren hat die Auseinandersetzung um Fragen im Bereich der Familienpolitik zugenommen. All diese Faktoren haben die Sensibilität für alles, was mit Ehe und Familie zusammenhängt, erhöht. In bestimmten Teilen unserer Gesellschaft ist die Befürchtung stärker geworden, daß die Entwicklung vor allem in der Politik wenig beobachtet und zum Teil bewußt in Kauf genommen wird. Daher ist für uns eine verfassungsmäßige Verankerung von Ehe und Familie genauso wichtig wie die Verankerung der Umwelt als Staatsziel in der österreichischen Bundesverfassung. (Beifall bei der ÖVP.)

So wie wir die Biotope als schützenswert angesehen haben, sind nunmehr auch die "Soziotope" entsprechend zu schützen. Ein Kind braucht Schutz und Geborgenheit. Es braucht sie aber nicht nur in den sensiblen Phasen zwischen null und drei Jahren, sondern es braucht sie bis weit über die Pubertät hinaus. Diese Zielbestimmung soll Signalwirkung zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für Ehe, Familie, Kinder und Jugendliche haben und Grundlage für familienpolitische Maßnahmen sein. Es soll auch – das möchte ich hier ganz deutlich sagen – niemand diskriminiert werden, der sich zu einer anderen Lebensform entschlossen hat. Allerdings sei mit diesem Antrag ein Auftrag zur Förderung verbunden, wobei Grundlage für die Förderungsmaßnahmen die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit nach dem Einkommen, das je Familienmitglied zur Verfügung steht, sein soll.

Das Arbeitsübereinkommen zwischen den Koalitionsparteien vom 16. Jänner 1987 enthält einen Passus, wonach die Grundrechtskommission aufgefordert wurde, binnen eines Jahres Vorschläge für die Verankerung von Ehe und Familie in der Verfassung zu formulieren. Durch diesen Auftrag wurde ein Teil der Grundrechtsreform, der seinerzeit im Zusammenhang mit einer Gesamtreform behandelt wurde, vorgezogen. Die dadurch in Gang gesetzte Debatte in der Kommission zeigte in aller Deutlichkeit die politische Sensibilität dieses Anliegens sowie die Schwierigkeiten einer Konsensfindung auf. Dieser Gesetzgebungsauftrag setzt die Einrichtung von Ehe und Familie voraus und wirkt als eine die Einrichtungen der Ehe und Familie sichernde verfassungsrechtliche Garantie und – ich zitiere wörtlich Neisser 1981: Grundrechtsreform im politischen Spannungsfeld – "... insofern, damit ein verfassungsrechtlicher Schutz gegen die Abschaffung von Ehe und Familie statuiert wird". Er bedeutet eine inhaltliche Bindung des Gesetzgebers an die institutionellen Grundgedanken von Ehe und Familie, wie sie sich aus dem Vergleich der nationalen Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten der Europäischen Menschenrechtskonvention als europäischer Standard gewinnen lassen. Damit verbunden wird ein Förderungsauftrag, der besonders auf schwierige Lebenslagen abgestellt ist, Familie und Ehe als Einrichtung vorausgesetzt. (Beifall bei der ÖVP.)

17.33

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Madl. – Bitte, Frau Abgeordnete.

17.33

Abgeordnete Elfriede Madl (Freiheitliche): Herr Präsident! Hohes Haus! Dieser Fristsetzungsantrag setzt ja nur eine Frist für einen Antrag, der schon am 12. Dezember des vergangenen Jahres in diesem Hohen Haus eingelangt ist. Dies war der Antrag der Abgeordneten Mag. Stadler, Dr. Graf und Ing. Reichhold.

Es gibt aber noch einen zweiten Antrag, der fast wortgetreu ist. Erste Seite: Schutz und Förderung der Familie; zweite Seite: die Forderung, daß sie in die Bundesverfassung aufgenommen wird; dritte Seite: die Familie als Gestaltungsgruppe der Gesellschaftsordnung. Nur ein einziger Satz unterscheidet den Antrag Stadler von diesem zweiten Antrag, und dieser eine Satz lautet: Weil der ÖVP der politische Mut für eine vernünftige Familienpolitik fehlt, bringt die FPÖ den Antrag ein. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Schauen wir einmal, von wem der zweite Antrag überhaupt stammt! Ja von wem ist denn dieser zweite Antrag? – Die Namen der Abgeordneten Dr. Khol, Ingrid Tichy-Schreder, Dr. Feurstein, Sozialsprecher der ÖVP, stehen auf diesem Antrag drauf. (Ironische Rufe des Erstaunens bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Khol: Gute


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