Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 88. Sitzung / Seite 71

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Sie haben in Ihrer Rede gesagt, es hat niemand in diesem Parlament die Freiheitlichen in den letzten drei Jahren beschuldigt, daß sie mitverantwortlich an diesen Anschlägen, an diesen Gewalttaten sind. Herr Kollege Leikam! Ich empfehle zur Lektüre das Stenographische Protokoll der 20. Sitzung des Nationalrates aus der XIX. Gesetzgebungsperiode, 8. Februar 1995.

Kollege Leikam! Damals gab es eine Debatte, die von direkten und indirekten Vorwürfen sowie von politischer Instrumentalisierung dieser schrecklichen Verbrechen nur so strotzte. Gehen Sie heute nicht her und behaupten Sie nicht, daß dies alles nicht so gewesen sei. Gehen Sie nicht scheinheilig her und sagen Sie nicht, Sie hätten damit nichts zu tun und das wäre alles nicht geschehen. Lesen Sie dieses Protokoll nach, dann wissen Sie, welche Verantwortung auch Sie auf sich geladen haben. (Abg. Leikam: Die rechte Szene!) Sie haben drei Jahre lang die Bevölkerung verunsichert, Sie haben in diesem Land Angst geschürt, und Sie haben eine Million Menschen der Mittäterschaft verdächtigt. Das haben Sie zu verantworten! Daß Sie das einmal einbekennen, hätten wir uns heute erwartet! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Herr Bundesminister! Sie haben in Ihrer Rede mit Recht gesagt, daß es anzuerkennen ist, daß die Bevölkerung und die Demokratie sich nicht durch diese Attentate haben beeinflussen lassen. Aber, Herr Bundesminister und meine Damen und Herren, haben Sie jemals daran gezweifelt? Haben Sie jemals geglaubt, daß diese österreichische parlamentarische Demokratie so schwach sei, daß sie sich durch solche Verbrechen destabilisieren läßt? Haben Sie das wirklich geglaubt? (Der Redner blickt in Richtung Bundesminister Mag. Schlögl. )  – Sie vielleicht nicht.

Meine Damen und Herren! Ich werde jetzt noch etwas zitieren – darin besteht der wirkliche Skandal, und dabei sieht man, vor welchem Hintergrund Politik gemacht worden ist. Ich werde Ihnen zitieren, was der Klubobmann der sozialdemokratischen Fraktion, Kostelka, in ebendieser Debatte sagte, genau in die Richtung, die Sie jetzt angesprochen haben.

Kollege Kostelka sagte als Resümee seiner Rede: "Mit den Bomben in Oberwart und in Stinatz wurde auch die Illusion zerstört, daß wir nach 1945 eine Demokratie errichtet haben, die so sehr in sich ruht, daß sie keiner Gefährdung mehr ausgesetzt sein kann." Weiters äußerte er die Überlegung, daß die Bevölkerung, daß die Österreicher empfänglich sind für Extremismus und Fremdenfeindlichkeit.

Meine Damen und Herren! Man muß sich einmal vorstellen, was das bedeutet. Der Klubobmann der Sozialdemokratischen Partei sagt hier im Parlament, daß er Zweifel hat, daß nach 1945 die Demokratie so gefestigt ist, daß sie sich durch diese Bombenattentate nicht mehr aus dem Gleichgewicht bringen lassen kann. Das ist ein Skandal erster Ordnung, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir glauben an diese Demokratie, Herr Klubobmann, aber Sie anscheinend nicht! Sie werden Ihre Gründe dafür haben. (Abg. Dr. Kostelka: Da erregen Sie sich aber früh! Da haben Sie aber lange gebraucht! – Abg. Leikam: Wie war das mit der "Mißgeburt"?)

In derselben Debatte kommt die frühere Frau Präsidentin, die Klubobfrau des Liberalen Forums, Heide Schmidt, heraus und geht noch einen Schritt weiter – auch das nur zur Frage der politischen Instrumentalisierung, meine Damen und Herren! Sie geht gleich so weit, zu sagen, daß sich Österreich im Stadium des "Vorkrieges" befindet! Im Stadium des "Vorkrieges", nämlich so, wie sich Österreich in der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen darin befand!

Meine Damen und Herren! Ein besseres – oder vielmehr: ein schlechteres – Beispiel dafür, wie man diese Verbrechen instrumentalisiert hat, wie man versucht hat, hier ein Klima der Angst und der politischen Gegnerschaft zu schaffen, läßt sich wirklich nicht bringen. Das sind die Dinge, von denen wir uns erwartet haben, daß Sie heute dazu Stellung nehmen.

Kollege Kier – er lächelt gerade so merkwürdig! Auch Sie haben gesagt, diese Vorwürfe hätte es nie gegeben. Sie selbst waren es, Herr Kollege Kier, der damals eine Bemerkung in einem Debattenbeitrag unseres Klubobmannes aus dem Zusammenhang gerissen und eine europaweite Kampagne entfacht hat, weil es eben nicht sein darf, daß sich Freiheitliche von solchen


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