Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 89. Sitzung / Seite 103

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Sozialdemokraten stimmen daher gerne dem Bundesfinanzgesetz für 1998 zu. (Beifall bei der SPÖ.)

16.23

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Brinek. Sie hat das Wort.

16.23

Abgeordnete Dr. Gertrude Brinek (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Es ist so gut wie evident, daß der Budgetkurs 1996 und auch 1997 gestimmt hat, und ich hoffe, daß mit diesem Voranschlag auch der Budgetkurs 1998 stimmt. Warum ist es wichtig, daß der Budgetkurs stimmt? – Nicht weil Maastricht, Brüssel, Straßburg oder sonst jemand daran interessiert ist, sondern weil Österreich selbst daran interessiert sein muß, um handlungsfähig, autonom und zukunftssicher zu sein. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir hoffen, meine Damen und Herren, daß damit das, was Zukunftsoffenheit – der Wandel von der Industriegesellschaft zur Wissensgesellschaft – genannt wird, daß diese Zukunftsfähigkeit bewältigt werden kann.

Worin vollzieht sich der Wandel? – In der Struktur der Arbeit, das heißt in der Organisation der Erwerbsarbeit, im Verhältnis selbständige Erwerbstätigkeit zu "Unselbständigkeit", im Wechsel der Arbeitsorte in ein und demselben Leben, im Wechsel beruflicher Identitäten. Das alles wird nicht die Ausnahme sein, sondern mehr und mehr die Regel. Darauf haben wir uns vorzubereiten und wir haben dafür zu sorgen, daß wir für die Bewältigung des Wandels Manövriermasse haben, und um das zu erreichen, müssen wir aktive Beschäftigungspolitik betreiben: dazu bedarf es eines Budgets, das stimmt.

Was ist noch zu bedenken, meine Damen und Herren? – Unsere Sozialsysteme sind gegenwärtig in Diskussion. Sie stammen aus einer Zeit, in der auf andere Fragen andere Antworten gegeben wurden. Wir müssen diese Systeme langsam und unter Abfederung von Härten umbauen, und zwar deshalb langsam, weil die Demokratie – im Gegensatz zur Diktatur, in der das anders ist – nur einen evolutionären Prozeß der Veränderung verträgt und verkraftet. Ich bitte Sie, meine Damen und Herren, all denjenigen, die sagen, das müsse radikal, und zwar von heute auf morgen, gehen, genau zuzuhören, und ersuche Sie, die Personen, die dahinter stehen, zu fragen und zu prüfen, ob sie es mit der Demokratie auch ernst nehmen und nicht in Wirklichkeit andere, diktatorische Absichten haben. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich erinnere Sie daran – das können Sie in der Geschichte der Gesetzwerdung verfolgen –, daß zum Beispiel das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch vorerst nur für 15 Jahre galt. Es gab eine Selbstbeschränkung, um es auszuprobieren. Es gab im Kirchenrecht bestimmte Gesetzesmaterien, die eine Klausel ad experimentum beinhalteten. Damit wollte man sagen: Laßt es uns einmal auf eine Zeit probieren! Noch einmal: Umschwünge, Veränderungen können immer nur langsam bewältigt werden. Generallösungen, Universallösungen eignen sich nicht zur Bewältigung differenzierter und komplexer Probleme.

Wo ist anzusetzen und wofür ist es notwendig, Flexibilität im Budget zu haben? Gefordert ist Flexibilität – ob Sie jetzt die Weißbücher der EU ansehen, ob Sie die Globalisierungstendenzen analysieren, überall können Sie das feststellen –, und zwar unter größtmöglichem Schutz des einzelnen, nämlich des einzelnen als Mann und als Frau. Frau und Mann müssen sich in Zukunft in gleicher Weise als jemand verstehen, der beziehungsweise die ein Erwerbsleben führt, und Familienfreuden und -pflichten gemeinsam leistet und langsam ein zweites und drittes "Alterssicherungsbein" aufbaut. Das ist Zielvorgabe Nummer eins.

Zielvorgabe Nummer zwei: Bildungsanimation. Was ist damit gemeint? – Die Statistiken und die neueren Forschungen sagen uns, daß der Anteil der Frauen an der allgemeinen Höherqualifikation gegenüber dem der Männer zurückbleibt. Frauen sind auf dem Stand der Männer von 1951. Geschlechtsspezifische Bildungsunterschiede haben sich in Österreich weit weniger verringert als in anderen Ländern. Die Generation der 25- bis 35jährigen Frauen in Österreich liegt an der


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