Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 90. Sitzung / Seite 103

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Präsident Dr. Heinz Fischer (das Glockenzeichen gebend): Schlußsatz, bitte.

Abgeordneter Mag. Dr. Josef Höchtl (fortsetzend): Ich komme zum Schlußsatz. Ich glaube, das ist eine Tatsache, die man gerade bei der Erörterung dieser Frage zu würdigen, positiv hervorzuheben hat, und, um mit Havel zu schließen, ich hoffe mit Havel, daß mit dem Ende der Herrschaft der Lüge – als solche hat er das jahrzehntelang in der Tschechoslowakei herrschende Regime bezeichnet – auch das Ende des Schweigens über das furchtbare Schicksal der Vertreibung gekommen ist und daß in den kommenden Jahren eine positive Form der friedlichen Erzielung einer Einigung möglich sein wird.

In diesem Sinne geben wir diesen Gesetzen gerne unsere Zustimmung. (Beifall bei der ÖVP und des Abg. Ing. Tychtl. )

16.37

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Graf. Bei ihm ist eine freiwillige Redezeit von 10 Minuten vorgeschlagen. – Bitte.

16.37

Abgeordneter Dr. Martin Graf (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Hohes Haus! Der Rede des Abgeordneten Höchtl habe ich wirklich mit Interesse zugehört, und ich weiß auch, daß er gerade in Angelegenheiten der Vertriebenen immer wieder ein Fürsprecher für diese war. Er hat, wie ich heute bemerkt habe, sehr aufmerksam beim Sudetendeutschen-Tag gelauscht, wo Kollege Abgeordneter Scheibner genau diese Analyse, die Sie, Kollege Höchtl, heute vorgenommen haben, Ihnen gegenüber – Sie waren ja anwesend – geäußert hat. Es freut mich, daß wir zumindest in der Analyse Übereinstimmung erzielen können. Das ist zumindest der erste Schritt, die Konsequenz aber muß natürlich auch folgen. Es wird sicher so sein, daß man sehr gespannt darauf warten wird, wie Außenminister Schüssel in Fragen eines EU-Beitrittesd und schon vor Beginn der Verhandlung die Abschaffung und Obsoleterklärung der Beneš-Dekrete in der !SFR einmahnen wird. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich mahne dies bei allen tschechischen Delegationen ein und sage, daß man diesbezüglich endlich aktiv werden muß, auch von der tschechischen Seite. Wenn man die Gesetze kennt, muß man nämlich sagen: Es ist unmöglich, daß die Tschechische Republik zum Ende dieses Jahrtausends tatsächlich noch Feinde hat. Das steht aber in den Beneš-Dekreten festgeschrieben. Für mich ist es unvorstellbar, daß ein Staat, der sich anschickt, der Europäischen Union beizutreten, gewisse Nationalitäten als Feinde schlechthin bezeichnet. Meines Erachtens ist es ein Wahnsinn, daß man aufgrund der Nationalität von einem Gesetz im Verfassungsrang, wie die Beneš-Dekrete es nach wie vor sind, als unzuverlässige Person und daher als der tschechischen Staatsbürgerschaft nicht würdig angesehen wird, nämlich die Deutschen und die Magyaren.

Es ist ganz einfach notwendig, daß dort endlich etwas geschieht. Man kann nicht immer nur über Versöhnung reden, man muß auch bereit sein – auch von tschechischer Seite –, die entsprechenden Schritte zu gehen. Österreich muß dies letztlich als Vertreter von 160 000 vertriebenen Sudetendeutschen einmahnen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Folgerichtig ist gesagt worden, daß es sich um zwei Themenkreise handelt. Der eine Themenkreis betrifft die bereits vor dem 27. April 1945 mit österreichischer Staatsbürgerschaft versehenen – das waren sie auch nur für einen kurzen Zeitraum, vorher waren sie Reichsdeutsche –, aber auf diesem Staatsgebiet lebenden Personen, die mit diesem Gesetz letztendlich – unter Anführungszeichen – "Begünstigte" geworden sind und zumindest für einen Teil ihrer Verluste Entschädigung erhalten.

Dabei darf man aber nicht von einer Anhebung sprechen, sondern muß die Kirche im Dorf lassen: Es geht letztlich – der Herr Finanzminister wird das ja wissen – um eine Valorisierung, eine Indexanpassung infolge der überlangen Bearbeitungsdauer. Man beachte, daß die Einreichfrist für derartige Anträge 1980 endete. Inzwischen liegen 17 Jahre hinter uns, und es gibt immer noch einige tausend offene Ansuchen. Das ist eine verdammt lange Verfahrensdauer,


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