Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 94. Sitzung / Seite 37

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Im einzelnen handelt es sich dabei teilweise um die dauerhafte Erhöhung von Abgaben – zum Beispiel Gebühren – und um die vorübergehende Erhöhung von Abgaben beziehungsweise um die Verpflichtung der Steuerzahler, dem Staat zinsenfreie Kredite – etwa in Form von Einkommensteuervorauszahlungen – zu gewähren, um Maßnahmen zur Ausgabendämpfung, die auch die Grünen unterstützen – zum Beispiel bei der Nicht-Valorisierung der Parteienförderung sowie der Klubfinanzierung –, interessanterweise auch um Ausgabenerhöhungen – wie etwa bei den Bundeszuschüssen zur Hagel- und Frostschädenversicherung – oder schlicht um das, was im internationalen Jargon als Creative Accounting bezeichnet wird – etwa jene berühmten 15 Milliarden Schilling, auf die bereits Herr Haselsteiner hingewiesen hat –, sowie um etwas, was ich als den "Charme" der kakanischen Legistik bezeichnen möchte, vor allem im Bereich der Gebührengesetze. (Abg. Dr. Stummvoll: Schöne Formulierung!) Schöne Formulierung, nicht wahr? (Abg. Tichy-Schreder: Sehr schön!) Danke.

Ich komme noch einmal zu jenen 15 Milliarden, die in Artikel 3 des Bundeshaushaltsgesetzes geregelt sind. Der nicht-freiheitliche Experte im Ausschuß, Professor Bernd Genser aus Konstanz, hat diese 15 Milliarden Schilling sehr treffend charakterisiert: Das seien keineswegs plötzlich entstandene zusätzliche Einnahmen, sondern ein unverzinster Kredit der Steuerzahler an den Staat – und nichts anderes! Diese Summe wird nun aus unerfindlichen Gründen, möglicherweise mit der Rückendeckung von Eurostat als Einnahme verbucht.

Sinn macht es keinen, denn wenn das die Logik der Maastricht-Definition von Budgetdefiziten wäre, müßten auch die Wohnbauförderungen der Länder als Ausgaben verbucht werden. Es gibt hier keinen Unterschied, Kollege Lukesch, denn den Einnahmen des Bundes steht zum Zeitpunkt der Verbuchung bereits eine Verpflichtung des Bundes gegenüber. Das sind Steuerguthaben, nicht irgendwelche Steuereinnahmen! Dadurch besteht eine Analogie zur Wohnbauförderung der Länder, bei der der Verausgabung des Landes bereits eine Forderung durch den Kredit gegenübersteht. Das ist, wie wir gelernt haben, nicht Maastricht-relevant. – Nun machen Sie es beim Bund genau umgekehrt! Soll sein! Wenn man das Einverständnis von Eurostat eines Tages schriftlich bekommt, kann man das nur zur Kenntnis nehmen, aber es widerspricht zentral der Maastricht-Definition von Defiziten.

Auch die Fortschreibung des 5-Prozent-Zuschlages bei der Einkommen- und Körperschaftsteuer ist nichts anderes als eine Verpflichtung der Steuerzahler, dem Staat einen zinsenfreien Kredit zu gewähren, der später einmal, in den Jahren 1999/2000, zurückgezahlt werden muß.

Was den Artikel über die Hagel- und Frostschutzversicherung in diesem Budgetbegleitgesetz betrifft, der tatsächlich eine Ausgabenerhöhung zur Folge hat, habe ich schon im Ausschuß auf ein damit zusammenhängendes theoretisches, aber auch praktisch interessantes Problem hingewiesen, nämlich auf die Frage: Wem kommen letztlich die Versicherungsprämienzuschüssse zugute? (Abg. Mag. Peter: Den Versicherungen!)  – Wir wissen bereits aus der Wohnbaufinanzierung, daß die Zuschüsse des Staates in Wirklichkeit sehr häufig, jedenfalls zum Teil, eine Bankenfinanzierung darstellen. Deswegen ist die Vermutung, daß es sich bei diesen Zuschüssen zur Hagel- und Frostschädenversicherung in Wirklichkeit wenigstens teilweise um eine Versicherungsförderung und keineswegs um eine Förderung der Landwirtschaft handelt, zumindest für Ökonomen wie Herrn Peter, Herrn Haselsteiner und mich nicht abwegig. Das könnte man im Prinzip leicht überprüfen; es wurde aber offenbar nicht getan.

Nun komme ich zum kakanischen "Charme" des Gesetzes, den Gebühren. Die Gebühren werden durchschnittlich um 50 Prozent erhöht. Ich brauche wohl nicht hinzuzufügen, daß die Grünen das aus einer Reihe von Gründen ablehnen. Ich möchte nur die Arbeiterkammer zitieren, die in ihrer Stellungnahme schreibt – ich zitiere wörtlich –, "daß das bestehende Gebührenrecht in wesentlichen Teilen antiquiert und grundsätzlich überholungsbedürftig erscheint. Für Verwaltungsakte, die im überwiegenden Interesse des Antragstellers liegen, ist es legitim, Gebühren zu verlangen, die in einer vernünftigen Relation zu den Kosten des Verwaltungsaktes liegen und soziale Kriterien berücksichtigen sollen. Dabei sollte die Gebühr nicht nach der Zahl der Bögen, die der Antragsteller benötigt, bemessen sein, sondern in Relation zu den Kosten des Verwaltungsaufwandes stehen". – Davon ist in dieser Novelle allerdings keine Rede!


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