Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 94. Sitzung / Seite 120

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Abgesehen davon – das haben wir gestern auch schon festgestellt – haben Sie eine eigenartige Auffassung von Familie und Familienpolitik, wenn Sie den Familien in zwei Sparpaketen ziemlich alles abgeräumt haben, was man ihnen abräumen kann, gekürzt und genommen haben, und dann verfallen Sie auf die eigenartige Idee, zu guter Letzt jene, die Kinder haben, gegenüber jenen, die keine Kinder haben, auszuspielen. Sie versuchen dann, auf diese Art und Weise wieder soziale Gerechtigkeit herzustellen, die Sie vorher weggenommen und herabgestrichen haben. (Beifall bei den Grünen.)

Wie wir sehen, funktioniert das so nicht, das funktioniert auch deswegen so nicht, weil zum Glück viele "überreißen", daß nur versucht wird, zwei Gruppen gegeneinander auszuspielen, um im Prinzip zu kaschieren, was mit diesen Sparpaketen schon viel früher passiert ist.

Es war schon in den Debatten herauszuhören, welche Auffassung von Familienpolitik die einzelnen Parteien und die einzelnen Abgeordneten haben, wenn sie hier vom Rednerpult aus von der Familie sprechen und die Familie verteidigen.

Eines ist schon auch markant bei diesem Urteil des Verfassungsgerichtshofes: daß nämlich Familie auf einen monetären Faktor reduziert wird. Dabei bleiben Ausgaben völlig unberücksichtigt, und zwar sehr wohl auch monetäre Ausgaben, die zum allgemeinen Wohl der Familie getätigt werden und daher keine Absetzposten sind und auch keine sein können, seien es zum Beispiel Ausgaben für Wohnung, für Wohnraum, seien es Ausgaben für Nahrungsmittel, seien es aber auch Ausgaben, die in Form von Bausparverträgen für die Familie zurückgelegt werden und nicht im speziellen für das Kind.

In einer funktionierenden oder intakten Familie – mit "intakt" meine ich eine nicht in Trennung oder Scheidung befindliche Familie; das ist die einzige Unterscheidung dieser beiden Begriffe für mich – gibt es eine Menge von Ausgaben, die nicht in Form eines Absetzbetrages zuzurechnen sind, die nicht namhaft gemacht und nicht genannt werden können und die dann in dieser Qualifizierung von Familie und Familienpolitik und von Absetzsteuerbeträgen völlig unter den Tisch fallen. Und nicht nur das. Wir wissen, daß es außerdem natürlich eine Menge von Leistungen gibt, die nicht monetär sind und die in diesem Modell des Verfassungsgerichtshofes, das uns nun bezüglich Beurteilung und Bewertung von Familie vorgegeben wird, überhaupt keine Berücksichtigung finden können.

Darüber hinaus verschärft dieses Verfassungsgerichtshofurteil einmal mehr die Verteilungssituation und den Verteilungsaspekt zwischen Männern und Frauen. Wir wissen, daß nach wie vor die Männer diejenigen sind, die nicht nur berufstätig sind, nach wie vor vollerwerbsberufstätig sind, sondern auch jene sind, die im Schnitt mehr verdienen. Daher wird es, wenn es um Absetzbeträge geht, natürlich darum gehen, daß dieser Absetzbetrag vom Einkommen des Mannes abgezogen wird. Das heißt, das führt dazu, daß der Mann gegenüber der Frau das höhere Nettoeinkommen hat, soweit sie überhaupt berufstätig oder vollerwerbsberufstätig ist.

Das verschärft die Situation, die wir jetzt schon haben, nämlich eine Verteilungssituation zwischen Männern und Frauen, wobei es natürlich wieder – ich kann das nur noch einmal sagen – falsch ist, beim monetären Faktor anzusetzen und zu glauben, daß mit diesem Faktor Familienpolitik überhaupt geregelt und in eine Form gegossen werden kann, die so etwas wie soziale Gerechtigkeit herstellen kann. Das klingt aus Ihren Ausführungen immer wieder heraus.

Um es noch einmal zu sagen: Dieses Urteil ist nicht umsetzbar, und es wird auch ganz sicher so nicht umgesetzt werden, wie manche von Ihnen das heute darzustellen versuchen.

In der zweiten Hälfte meiner Wortmeldung möchte ich noch auf das liberale Modell eingehen. Sie legen ein Modell vor, das von den Steuerabsetzbeträgen weggeht. Sie legen ein Modell vor, das den Anspruch der Kinder auf ein angemessenes Existenzminimum regeln soll und das den Anspruch auf Transferleistungen vom Steuerrecht abkoppelt. Das ist hervorzuheben. Aber das ist für mich schon so ziemlich alles, was ich hervorheben kann, denn Sie zementieren mit Ihrem Modell genauso – nur auf eine andere Art und Weise – eine Einkommensverteilung, die in unserer Gesellschaft vorherrscht. Sie schaffen mit diesem Modell in keiner Form irgendeine Art von sozialer Gerechtigkeit – es mag sein, daß Sie das auch nicht vorgehabt haben –, sondern


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