Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 95. Sitzung / Seite 48

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sagen: Wir haben ein gutes, wir haben ein ausgezeichnetes Pensionssystem! Das kann man nicht sagen, eher das Gegenteil: daß dieses Pensionssystem für einige ausgezeichnet, für viele jedoch schlecht ist. Aber wir haben die Konsequenzen daraus zu ziehen, und das kann nicht heißen, das Erwerbs- und Versicherungsprinzip zu verstärken. (Versuch eines Zwischenrufes des Abg. Verzetnitsch. ) – Ich spreche diesen Satz noch zu Ende, und dann bin ich gerne bereit, den Zwischenruf anzunehmen.

Es kann also nicht heißen: Verstärkung des Erwerbs- und Versicherungsprinzips, sondern Verstärkung des Solidarprinzips. Das Pensionssystem muß nach unten hin abgedichtet werden. Aber diese Konsequenz fehlt mir bei der gegenwärtigen Pensionsreform! (Beifall bei den Grünen.)  – Bitte, Kollege Verzetnitsch. (Abg. Verzetnitsch: Die Pension kann nicht das ersetzen, was zuerst im Erwerbseinkommen nicht da war!)

Das ist ja das Problem, das habe ich ja gestern zu erklären versucht! Das Problem unseres derzeitigen Pensionssystems ist doch unter anderem auch – nicht das ASVG, sondern alle Pensionssysteme betreffend –, daß es die Ungerechtigkeiten des Erwerbslebens, der Erwerbseinkommen nicht nur nachbildet, sondern sogar verstärkt. (Widerspruch des Abg. Verzetnitsch. ) Selbstverständlich!

Es gibt Erwerbseinkommen – ja, ich weiß, daß das den Kolleginnen und Kollegen von der sozialdemokratischen Fraktion unangenehm ist! (Abg. Koppler: Es ist nicht unangenehm, aber es stimmt nicht, Öllinger!)  –, die zwischen 10 000 S und maximal 100 000 S oder 150 000 S liegen, das ist eine Differenz von 1 :  10 oder 1 :  15. Im Pensionssystem bei den niedrigen Pensionen der Arbeiterinnen, der Bäuerinnen, der selbständigen, der gewerbetreibenden Frauen gibt es Pensionen von 3 000 S, 4 000 S oder 5 000 S, und die Höchstpensionen – nicht im ASVG, im Beamten-Pensionssystem; ich rede von allen Pensionssystemen! – liegen bei 100 000 S. Da gibt es dann eine Differenz von 1  :  20 oder 1 :  25. Da sind wir bei einem Problem dieses Pensionssystems.

Wenn die Lohn- und Einkommensdifferenzen im Pensionssystem nicht nur nachgebildet werden, sondern durch dieses sogar verstärkt werden, dann ist das ungerecht. Daher sind Korrekturen dringend notwendig, die dem Solidaritätsprinzip verstärkt Rechnung tragen.

Da meine ich: Ihre Pensionsreform bietet keine Antwort auf diese Problematik! Ihre Pensionsreform bietet keine Perspektive! Im Jahre 2030, dann, wenn dieses Pensionssystem völlig zum Tragen kommen werden wird – wobei ich annehme, Herr Kollege Dietachmayr, daß es dann wahrscheinlich mehr Personen geben wird, die nicht durchgängig arbeiten werden –, werden wir uns damit auseinanderzusetzen haben. Sie werden mir zustimmen, daß das eine Realität ist: Es wird vermutlich mehr Menschen geben, die nicht mehr im traditionellen und klassischen Verhältnis des unselbständig Erwerbstätigen, sondern in Werkverträgen, im Rahmen von Projektarbeit oder wie immer das heißen mag arbeiten werden, wobei ich annehme, daß die soziale Sicherheit, die Sie über die Versicherungspflicht von Werkverträgen einzuziehen versucht haben, in dieser Form nicht aufrechtzuerhalten sein wird.

Wir werden – damit bin ich bei einem weiteren Problem angelangt – neue Finanzierungsgrundlagen für dieses Sozialversicherungssystem brauchen. Wenn Sie schon behaupten, Sie schaffen mit dieser Pensionsreform die Voraussetzungen dafür, daß die Pensionen im Jahre 2030 gesichert sind, dann sage ich Ihnen: Diese Grundlagen fehlen auf alle Fälle! Ich habe bereits gesagt: Diese Pensionsreform ist perspektivlos. Der zweite Punkt ist: Diese Pensionsreform ist auch unsolidarisch.

Dieses Pensionssystem ist deswegen unsolidarisch, weil es viele draußen läßt. Ich brauche Ihnen nur einige Eckdaten zur Begründung dieser Behauptung zu nennen: Frauen brauchen genauso wie Männer nach wie vor 15 Versicherungsjahre, um einen Pensionsversicherungsanspruch nach dem ASVG zu erwerben, doch es ist für Frauen wesentlich schwieriger als für Männer, in dieses System überhaupt hineinzukommen. Es gibt keine echte Mindestsicherung im System. Es fehlt eine solche für jede Person, die in diesem Land alt geworden ist.

Man kann darüber viel diskutieren. Auch Kollege Feurstein ist ganz entsetzt darüber gewesen, daß es möglich sein könnte, daß irgendeine Person in Österreich alt wird und eine Pension


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