Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 96. Sitzung / Seite 16

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wenn Robert Menasse in diesem Zusammenhang eher den angeblichen Kunstkanzler Klima meint. Ich denke durchaus, daß man diese Frage auch auf den Bundeskanzler Klima münzen kann. Daß man sich diese Frage gerade angesichts eines Budgets stellt, ist nur logisch, denn es ist eine Binsenweisheit, daß ein Budget eigentlich das in Zahlen gegossene Handlungsprogramm der Regierung sein sollte.

Aufgrund dieses kritischen Artikels von Robert Menasse hat der Herr Bundeskanzler, wie man der Zeitschrift "NEWS" entnehmen kann, im ersten Zorn die Absicht gehabt, Herrn Menasse zu schreiben und ihn darauf hinzuweisen, ob er denn eigentlich wisse, daß zum Beispiel der "Standard", in dem dieser Kommentar erschienen ist, nur deswegen existiere, weil ein gewisser Bundeskanzler Klima dafür zuständig ist, daß die Presseförderung im Vergleich zu anderen europäischen Ländern noch immer üppig sprudelt. – Das ist eine Äußerung, die er dann aus taktischen Gründen offenbar doch nicht in schriftliche Worte gekleidet hat, aber es ist eine bezeichnende Reaktion auf Kritik. Daß es der Herr Bundeskanzler nicht geschrieben hat, ist vielleicht seiner Lernfähigkeit zuzuschreiben, der Lernfähigkeit der Sozialdemokraten.

Ich denke nur daran zurück, daß es seinerzeit in Wien noch Plakate der Wiener Sozialdemokraten gegeben hat, die aufgefordert haben, keine dummen Fragen zu stellen. Daß die Aktion mit dieser Aufforderung damals danebengegangen ist, hat vielleicht dazu geführt, daß – wie gesagt – jetzt diese Reaktion nicht unmittelbar ausgesprochen wird.

Aber unabhängig davon – man sollte nur hier wieder in Erinnerung rufen, wie solche Reaktionen ausschauen und welche Disziplinierungsinstrumente offensichtlich doch ins Auge gefaßt werden – ist die Frage, ob der Bundeskanzler ein Macher ist, damit erst recht nicht beantwortet. Denn unter "Macher" sollte man verstehen, daß jemand nicht nur weiß, was er will – das heißt, ein Konzept hat –, Ziele hat, daß er sie artikuliert, sondern daß er vor allem auch die Entscheidungen danach trifft.

Hier fällt mir wieder ein Kommentar ein. Nicht, daß ich jetzt alle Zeitungen zitieren möchte, das wäre zuviel des Guten. Ich glaube nur, daß es durchaus legitim ist, auch Zeugen aufzurufen, die nicht einer politischen Partei oder jedenfalls nicht einer Oppositionspartei angehören. Deswegen ist es zulässig, einen Artikel – und zwar nach jener sogenannten Reform, die über die Bühne gegangen ist – in Erinnerung zu rufen, nämlich den Artikel von Anton Pelinka mit der Überschrift: "Die Angst vor dem Regieren". – Ist das die Qualifikation oder die Qualität eines Machers, wenn es Menschen gibt – Politologen, aber auch andere –, die die Vorgangsweise des Bundeskanzlers als die "Angst vor dem Regieren" qualifizieren? – Ich glaube, das ist es nicht.

Im übrigen hat mich das daran erinnert, daß der seinerzeitige Bundeskanzler Vranitzky wenigstens noch, sage ich, mit dem Parlament gedroht hat, wenn nichts weitergegangen ist. Sie werden sich vielleicht erinnern: Als damals Verhandlungen mit den Sozialpartnern ins Stocken geraten waren, hat Bundeskanzler Vranitzky, dessen Parlamentsverständnis vielleicht noch vielen in Erinnerung ist, gesagt, wenn nichts weitergehe, werde er sich eben ans Parlament wenden. Es war zwar bezeichnend, daß er das als Drohung gemeint hat, aber er hat diese Variante wenigstens noch in seinem Gesichtsfeld gehabt.

Der jetzige Bundeskanzler hat nicht einmal mehr das! Er – aber nicht alleine, sondern die gesamte Regierung – meint, daß Entscheidungen außerhalb dieses Parlaments getroffen werden müßten. Dieses Haus soll nur mehr das tun, was erforderlich ist, um der Verfassung gerade noch Genüge zu tun, nämlich die formalen Mehrheiten zur Verfügung zu stellen.

Als die Verhandlungen im Zusammenhang mit der Pensionsreform schon relativ weit gediehen waren, haben wir Ihnen unsere Unterstützung angeboten, damit Sie sich, wenn Sie das Ergebnis ins Parlament schicken, nicht davor "fürchten" – unter Anführungszeichen – müssen, daß der eine oder andere Abgeordnete – Kollege Nürnberger etwa oder Kollege Verzetnitsch, aber auch einige Abgeordnete der ÖVP – den Interessenvertretungen mehr Gewicht als seinem freien Mandat und seiner Verantwortung als Volksvertreter beimißt. Sie müssen wissen, daß uns Liberalen das als Oppositionspartei nicht leichtgefallen ist.


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