Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 96. Sitzung / Seite 118

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19.39

Abgeordneter Mag. Thomas Barmüller (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Unter Bezugnahme insbesondere auch auf die Ausführungen der Frau Abgeordneten Fekter möchte ich herausstreichen, daß das Justizbudget fürwahr, was die Zahlen angeht, nicht besonders spektakulär ist. Was aber sehr wohl Beachtung verdient und was diskutiert werden muß, ist, vor welchem gesellschaftlichen Hintergrund, vor welchem atmosphärischen Hintergrund sich dieses Justizbudget mittlerweile abspielt.

In diesem Zusammenhang ist auch die laufende Debatte sehr interessant. Herr Abgeordneter Krüger hat sich darüber beklagt, daß das Strafrecht immer mehr an Abschreckung verliere. – Herr Abgeordneter, ich kann Ihnen wirklich sagen: Sowohl Ihre Reden als auch die Reden der Frau Abgeordneten Fekter gewinnen ungemein an Abschreckungspotential: Von Budgetdebatte zu Budgetdebatte steigt das Abschreckungspotential der Reden, die hier von Ihnen beiden gehalten werden! (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen. – Abg. Dr. Krüger: Das beurteilen Sie!) Ja, das beurteile ich, und ich sage Ihnen auch, warum.

Nehmen Sie nur etwa die Bestimmungen über den außergerichtlichen Tatausgleich her. Dort ist die Rede davon, daß die Schuld gering sein muß, daß es sich wirklich nur um Delikte handeln darf, die im unteren Bereich angesiedelt sind. (Abg. Dr. Fekter: Bis fünf Jahre, steht drinnen!) Da hat noch keiner von Ihrem räuberischen Diebstahl geredet oder sonst irgendwas, weil Sie letztlich auch beurteilen müssen, wie die Sache an sich im konkreten Fall aussieht.

Frau Abgeordnete Fekter hat auch schon in einem anderen Bereich die sachliche Diskussion verweigert, nämlich in der Arbeitsgruppe betreffend das Sexualstrafrecht, aber darauf komme ich noch zu sprechen. Sie sagen zum außergerichtlichen Tatausgleich: Ich bin natürlich für den ATA, denn dieser ist unglaublich wichtig, ich bin grundsätzlich dafür, aber vorher muß es einen Opferschutz geben. Und wenn es keinen Opferschutz gibt, gibt es auch keinen ATA.

Jetzt gestehen Sie zwar zu, daß der außergerichtliche Tatausgleich eine Verbesserung bringt, aber Sie sagen, diese Verbesserung machen wir nicht, wenn nicht auf der anderen Seite der Opferschutz gestärkt wird, was Ihrer Meinung nach schon damit getan ist, daß man ein Merkblatt ausgibt, das Sie dann wahrscheinlich in der Sektenbroschüre hinten einlegen werden. Aber das, Frau Abgeordnete, reicht natürlich überhaupt nicht. Wenn der ATA eine Verbesserung bringt, dann muß man diese Verbesserung durchführen.

Man wird auch über den Opferschutz reden müssen. (Abg. Dr. Fekter: Wann denn?) Aber ich habe immer eine Sorge, Frau Abgeordnete, wenn Sie in diesem Zusammenhang ein Junktim aufbauen. Ich möchte Ihnen hier in zwei Dingen recht geben. Sie haben gesagt, es gibt keine wirkliche Therapiemöglichkeit für Opfer. Das sehen auch wir Liberalen so. Das ist ein Bereich, den man in Angriff nehmen muß. Das ist überhaupt keine Frage, das stimmt.

Der zweite Punkt: Langzeitschäden sind nicht berücksichtigt worden. Auch ich kenne Personen, die Opfer eines Verbrechens geworden sind und dann eine Betreuung gebraucht hätten, sie aber nicht bekommen haben. Auch in diesem Bereich muß etwas verbessert werden, das ist überhaupt keine Frage. Aber wenn es um den Opferschutz im Verfahren geht, dann entsteht eine grundsätzliche Verwechslung, und die passiert Ihnen ständig: Es geht nämlich darum, daß im laufenden Verfahren der Täter oder die Täterin überhaupt noch nicht feststeht. (Abg. Dr. Fekter: In meiner Rede habe ich auf diese Problematik hingewiesen!) Sie haben allenfalls, Frau Abgeordnete, in einem Verfahren eine geschädigte Person, Sie haben vielleicht ein Opfer, aber Sie können nicht einmal sagen, daß die Person Opfer jener Person geworden ist, über die im konkreten Verfahren verhandelt wird, denn das wird erst feststehen, wenn das Urteil rechtskräftig geworden ist.

Das ist genau der atmosphärische Hintergrund, vor dem Sie das machen, denn in Wirklichkeit hebeln Sie mit Ihrer Argumentation betreffend den Opferschutz, den Sie immer nur als Schlagwort bringen – und Sie haben auch heute keine einzige konkrete Maßnahme genannt, die Sie setzen wollen –, die Unschuldsvermutung in den Verfahren aus. Und ich fürchte, das ist


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