Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 101. Sitzung / Seite 35

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Nur lese ich zu meiner Beruhigung im letzten OECD-Bericht über Österreich, 1997 erschienen, daß Österreich – ich habe es selbst kaum glauben können – nach Japan die höchste Reallohnflexibilität unter allen OECD-Staaten aufweist. Man kann auf bestimmten Gebieten viel gegen unsere Gewerkschaften sagen (Abg. Ing. Maderthaner: Sozialpartner! – Abg. Dr. Khol: Sozialpartner!)  –, auf verschiedenen Gebieten gegen die Sozialpartner, auf verschiedenen Gebieten auch gegen manche Gewerkschaften, aber daß sie in der Vergangenheit in der Reallohnfindung zuwenig Flexibilität gezeigt hätten, das kann man nicht behaupten – zumindest nicht nach Ansicht einer neutralen und, so glaube ich, völlig unverdächtigen Organisation, nämlich der OECD.

Richtig ist natürlich, verehrte Kollegen von den Freiheitlichen, wenn Sie auf Seite 1 sagen, daß das "Projekt Währungsunion" "mit massiven Unsicherheiten" behaftet ist. – Ja, es ist mit massiven Unsicherheiten behaftet, und es sind durchaus Szenarien vorstellbar, in denen, wenn alles schiefgeht, letzten Endes sogar die Existenz der Union bedroht sein kann. Das ist wahr.

Aber auf der anderen Seite schauen Sie immer nur die Risken, die möglichen Nachteile an. So würden Sie als Unternehmer, Herr Dr. Haider, bei Ihren Investitionsentscheidungen nie vorgehen: Sie würden sich die möglichen Risken anschauen, Sie würden sich die möglichen Vorteile anschauen, Sie würden das kurzfristig betrachten, Sie würden eine langfristige Perspektive wählen. In dieser Abwägung würden Sie dann letzten Endes Ihre Entscheidung treffen, aber nicht einfach dadurch, daß Sie sämtliche möglichen Nachteile betrachten. Dadurch kommen Sie in die Ecke, die Exkanzler Schmidt in bezug auf seine eigenen Parteifreunde einmal gewählt hat. Er hat sinngemäß von den "Bedenkenträgern", von diesen "ewigen Bedenkenträgern" gesprochen: Dies geht nicht, jenes geht nicht, weil es eben irgendwie schiefgehen könnte! – Vor allem meinte er den von Ihnen zustimmend zitierten Ministerpräsidenten Schröder.

Das ist keine Aufklärungspolitik, die Sie machen. Auf diese Art können Sie nur eines erzielen, nämlich vorhandene Ängste, vorhandene Befürchtungen, die da sind – es wäre sinnlos, dies zu leugnen – zu schüren. (Abg. Silhavy: Das ist ja Ziel dieser "Veranstaltung"!) Aber das kann nicht wirklich Grundlage einer tragenden Wirtschaftspolitik sein. Ein Unternehmer, Herr Dr. Prinzhorn, hätte auf dieser Basis überhaupt nie eine Entscheidung treffen können. Das müßten Sie doch am allerbesten wissen.

Die Freiheitlichen – ich freue mich darüber – haben einiges an Literatur studiert, darunter auch einen meiner unwichtigen Artikel, in dem ich zur Ansicht kam, die Währungsunion ist kein Beschäftigungsprogramm. Jeder Autor freut sich, wenn die Leser seiner Artikel letzten Endes seiner Schlußfolgerung zustimmen.

Seit langem sagen die Grünen, die Währungsunion ist kein Beschäftigungsprogramm, sie ersetzt kein Beschäftigungsprogramm auf europäischer Ebene. (Beifall bei den Grünen.)

Sie wirkt bestenfalls kurzfristig beschäftigungsneutral. Möglicherweise ist in einer Übergangszeit sogar mit zusätzlichem Druck auf den Arbeitsmarkt zu rechnen. Gerade deswegen sind die beschäftigungspolitischen Initiativen, die jetzt langsam und viel zu spät, aber immerhin in Gang kommen, mit dem Luxemburger Gipfel so wichtig. Ich teile nicht den Optimismus des Herrn Bundeskanzlers, der uns heute in geradezu flammender Rhetorik bereits die Ergebnisse des Luxemburger Gipfels verkündet hat.

Herr Bundeskanzler! Wenn es tatsächlich zu einer Vereinbarung kommt (Abg. Dr. Haider: Er ist schon weg! – Abg. Scheibner: Er ist schon weg!) – er ist schon weg, aber der Herr Staatssekretär wird so gütig sein, ihm das mitzuteilen –, wenn es in Luxemburg tatsächlich zu einer Vereinbarung kommt, die dem Maastricht-Vertrag in bezug auf die Konvergenzkriterien der Währungsunion entspricht, dann wäre ich baß erstaunt. Wirklich quantitative Zielsetzungen und all das kann ich mir nicht vorstellen. Im übrigen hätte Österreich nicht auf Luxemburg zu warten brauchen, um mit der "Technologiemilliarde" zu scheitern, um mit der Erfindung neuer Lehrlingsberufe zu scheitern oder um mit dem Ausräumen der AMS-Mittel zugunsten der Pensionsversicherung Schluß zu machen. (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.) Bezüglich dieser Dinge werden wir dann aus Brüssel kritisiert werden. Das hätten wir uns aber ersparen können.


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