Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 101. Sitzung / Seite 37

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Herr Volkswirtschaftler Nowotny hat damals noch im Hauptausschuß gesagt, was denn das für ein Unsinn sei, die Maastricht-Kriterien hätten doch mit der Beschäftigung nichts zu tun. Wenn wir die Beschäftigungskriterien einbauten, dann könnten wir die ganzen Finanzkriterien vergessen! – Interessant! Das hat er gesagt. (Zwischenruf des Abg. Dr. Nowotny. ) Aber auch heute "eiert" der Herr Bundeskanzler herum und fängt anläßlich des Themas Konvergenzkriterien immer von Finanzzahlen zu reden an, aber nie über Beschäftigung. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Vor einer Stunde kam in der APA schon die erste Meldung über Luxemburg heraus, wohin er sich jetzt begibt.

Ich zitiere: Wenn ab Donnerstag abend die Staats- und Regierungschef in Luxemburg zusammenkommen, um über Beschäftigungsfragen zu beraten, dann geht es hauptsächlich darum, sich selbst unter öffentlichen Druck zu setzen. Konkrete Zahlen, gefaßte Ziele, an denen die Regierungen gemessen werden könnten, wird man mit der Lupe suchen müssen. – Na selbstverständlich!

Daher häufen sich von nicht in der Regierung sitzenden Politikern die Stimmen, daß endlich Taten anstelle von großen Worten kommen müssen. Aber unser Herr Bundeskanzler folgt dem Herrn Ankündigungsminister Vranitzky mit großen Ankündigungen. Und ich frage mich, wo die Taten sind! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Der Herr Bundeskanzler verlangt nach optimistischen Unternehmen. – Dazu muß es erst realistische Politiker geben, dann wird es auch optimistische Unternehmer geben. Wo ist der Realismus, den auch Herr Abgeordneter Haselsteiner einfordert? (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Aber realistisch ist natürlich schon Herr Abgeordneter Nowotny. Wenn man nämlich in einer Podiumsdiskussion diskutiert und ihn fragt, wie denn das mit den Maastricht-Kriterien und mit der Beschäftigung werden wird, dann sagt er: Die schwachen Regionen werden sich einkommensmäßig nach der Decke strecken müssen. – Was heißt denn das? – Lohnverzicht! Was sagt denn Herr Schüssel? – Herr Schüssel sagt nicht anderes als: Der Kollektivvertrag ist passé, jetzt geht die Reise nach unten! – Das ist Ihre neue Beschäftigungspolitik, die Sie haben. Das ist ein bißchen wenig! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ausbildungsinitiativen, Forschungsinitiativen, Rückzug des Staates, Liberalisierung – überall ist Österreich Schlußlicht. Was lese ich vor einer Stunde schon wieder in der APA: Österreich ist weiter deutlich abgeschlagen Schlußlicht bei der Umsetzung der EU-Binnenmarktgesetze. – Dabei hat Finanzminister Hannes Farnleitner im März angekündigt, Österreich werde im nächsten Monat die "rote Laterne" wieder loswerden.

Er hat auch eine rote Laterne in der Hand – wie alle in Österreich –, und inzwischen ist der Abstand zum zweitschlechtesten Land, zu Deutschland, größer geworden. Eine feine Union, diese "Germanisierung" Österreichs, die Sie betrieben haben! Deutschland und Österreich an letzter Stelle in der Umsetzung der Binnenmarktrichtlinien! Aber jetzt nichts wie drauf und in den Euro hinein, das ist wichtig! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Mag. Kaufmann: Sie haben keine Ahnung!)

Wissen Sie, wenn ich so lese, was Professor Kramer vom Wifo – mit dem ich auch diskutiert habe – gestern schrieb: "Verlust des nominellen Wechselkurses als Anpassungsinstrument gegen exogene Schocks", dann ist das natürlich schon starker Tobak. "Den werden wir in der Lohnpolitik spüren", schreibt er. Und alles andere noch dazu. Alles das können Sie übrigens heute auch in der "Financial Times" lesen. Nehmen Sie sich diesen Artikel vom 19. November her, da können Sie über die österreichischen Probleme lesen! Aber diese Mühe machen Sie sich ja nicht. Sie nehmen Ihren Schrebergarten, Ihren Bauchladen her, machen Nabelbeschau – und damit hat es sich, Herr Abgeordneter Nowotny! Von zwei Volkswirtschaftlern kommen drei Meinungen. Sie wissen das. Sie allein haben drei Meinungen. Das ist ja immerhin ein neuer Rekord. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Nowotny: Ich darf auch meine Meinung haben! Und von Keynes haben Sie vielleicht schon gehört!)


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