Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 102. Sitzung / Seite 56

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Zum Bundesvergabegesetz möchte ich folgendes sagen: Einige der Vorredner haben schon angedeutet, daß es ein kleiner Schritt in die richtige Richtung ist. Aber man muß sich über die Tragweite im klaren sein: Man wird damit vielleicht 400 bis 500 Lehrstellen sichern können, aber der große Wurf ist es nicht. Der große Wurf hätte in einer Zeit geschehen sollen, in der Sie von den Koalitionsparteien auf Teufel komm raus gestritten haben. Da haben Sie Haarspalterei betrieben, es wurden Worte in die Waagschale geworfen, und zum Schluß haben Sie gesagt: Wir brauchen einen Koalitionsausschuß. Das ist die Realität, meine Damen und Herren! Aber in der Lehrlingsfrage haben Sie nichts weitergebracht. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Schwemlein: Und in der Zwischenzeit hast du Lehrlinge eingestellt?)

Jetzt kann man vielleicht ein paar hundert Lehrstellen durch diese sinnvolle Bestimmung im Bundesvergabegesetz auffangen, aber es ist das, wie gesagt, nur der Anfang. Das Problem besteht nämlich darin, daß es aufgrund der geltenden EU-Richtlinien Schwellenwerte gibt, bei deren Überschreiten EU-Normierungen in Kraft treten.

Meine Damen und Herren von der sozialdemokratischen Fraktion! Sie haben einen Gewerkschaftspräsidenten, der in der Europäischen Union die Funktion eines EGB-Präsidenten ausfüllt, die Funktion eines Präsidenten des Europäischen Gewerkschaftsbundes. (Abg. Schwemlein: Wir sind stolz darauf!) Seine Aufgabe wird es sein, zu den EU-Behörden zu gehen und die EU-Kommission darauf aufmerksam zu machen, daß man entweder die Schwellenwerte erhöhen muß oder daß man andere Bestimmungen in die geltende EU-Richtlinie hineinreklamiert, sodaß der Lehrling europaweit entsprechenden Schutz genießt und die Vergaben europaweit mit einer Lehrlingsklausel ausgestattet werden müssen.

Denn eines ist klar: Ein Schwellenwert von beispielsweise 69 Millionen Schilling in der Bauwirtschaft ist schnell erreicht, da kann man nur bedingt etwas machen. Ein Schwellenwert von 1,8 Millionen Schilling für sonstige Beauftragungen – das ist der derzeitige Schwellenwert, bis zu dem die nationale Politik Handlungsspielraum hat – ist auch sehr schnell erreicht. Hier müssen Sie endlich – Sie behaupten ja immer, Sie seien so stark in der Europäischen Union verankert – die entsprechenden Maßnahmen setzen, damit auch die Europäische Union jetzt endlich ein Lehrlingskapitel realisiert, entgegen der bisherigen Praxis der Ankündigungen und des Nichts-in-die-Tat-Umsetzens. Das möchte ich Ihnen schon sagen, meine Damen und Herren!

Zum Vergabegesetz möchte ich einen letzten Punkt anmerken. Ich weiß nicht, ob folgendes allen bekannt ist: Es gibt dabei verfassungsrechtliche Bedenken, zuletzt geäußert vom Staatsrechtler Professor Dr. Korinek. Er hat gesagt, daß das Bundesvergaberecht in einigen Bestimmungen verfassungswidrig sei, und hat eine umfassende Reform angeregt. Unsere Fraktion wird sich diese Sache jetzt sehr gründlich überlegen – wir werden es uns nicht einfach machen – und Ihnen in den Ausschüssen entsprechende Vorschläge unterbreiten. Selbstverständlich wollen wir ins Bundesvergaberecht ganz klare Spielregeln hineinreklamieren, damit jeder Zweifel darüber, wie man die eine oder andere Sache interpretieren kann, aus den bestehenden Regeln ausgeräumt wird. Meine Damen und Herren! Wir wollen klare Verhältnisse, und wir wollen dafür sorgen, daß der Korruption in diesem Land mit klaren Bestimmungen endgültig der Kampf angesagt wird! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

14.42

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es hat sich noch Herr Abgeordneter Haigermoser zu Wort gemeldet. Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte.

14.43

Abgeordneter Helmut Haigermoser (Freiheitliche): Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Stummvoll mußte einen ja zu einer kurzen Stellungnahme animieren.

Die unendliche Geschichte der Lehre – ein positiver Schritt, der heute gesetzt wird, ein kleines Schrittchen, je nachdem, wie man es sieht. Faktum ist – das sollte das Hohe Haus wissen –, daß Sie den Gesamtkomplex der Lehrlingsausbildung wieder einmal in einem Unterausschuß schubladisiert haben. Leider Gottes sind Sie unserer Forderung in der jüngsten Sitzung des Wirtschaftsausschusses, das Lehrlingspaket abzuhandeln und zu beschließen, nicht nachgekommen. Herr Kollege Stummvoll! Das wäre ein echtes – unter Anführungszeichen – "Weih


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