Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 102. Sitzung / Seite 135

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Dann wird weiters ausgeführt: Dies ist insbesondere bei Aufforderung zu einem mit Strafe bedrohten gesetzwidrigen Verhalten, bei einer Behinderung der psychischen Entwicklung von Heranwachsenden, bei Verletzung der psychischen Integrität und bei Anwendung psychotherapeutischer Methoden, insbesondere zum Zwecke der Glaubensvermittlung, gegeben.

Damit sagen wir ganz klar: Wenn diese Umstände vorliegen, dann wird die Rechtspersönlichkeit versagt. Damit wird in kein Grundrecht eingegriffen. Man kann keinem erwachsenen Menschen auf der Welt verbieten, sich einer pseudoreligiösen Gruppierung anzuschließen. Wir können aber den Menschen in unserem Lande Orientierungshilfen geben. Das halte ich für wichtig und richtig!

Es war ein großer Wunsch von kleinen Religionsgemeinschaften, diese Rechtspersönlichkeit erwerben zu können. Es war nicht der Wunsch, die große Körperschaft öffentlichen Rechts zu erhalten. Mit diesem Gesetz haben wir diese Möglichkeit geschaffen. Ich sage Ihnen, alle Begutachtungen, alle Stellungnahmen, die gekommen sind, haben wir sehr intensiv gelesen. Gerade Herr Universitätsprofessor Potz schreibt in seinen Einleitungssätzen, daß er diesen Entwurf sehr begrüßt. Daraufhin macht er noch Anregungen, wie es sich weiterentwickeln kann. Es gibt immer wieder Möglichkeiten zur Weiterentwicklung und Möglichkeiten zur Verbesserung.

Ich stelle daher ganz klar fest: Dieses Gesetz ist die Möglichkeit für religiöse Bekenntnisgemeinschaften, Rechtspersönlichkeit zu erwerben. Es ist aber auch die Möglichkeit, unter den von mir genannten Bedingungen diese Rechtspersönlichkeit zu versagen und damit den Menschen in unserem Land Orientierungshilfe zu geben. Es widerspricht nicht dem Grundrecht auf freie Religionsausübung, und nach eingehender oftmaliger Prüfung widerspricht es auch nicht unserer Verfassung. Damit, so glaube ich, haben wir eine gute Basis für eine weitere konstruktive Arbeit in diesem Bereich geschaffen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

20.09

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Dr. Grollitsch. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

20.09

Abgeordneter Mag. Dr. Udo Grollitsch (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Wir debattieren hier über ein Sondervereinsgesetz für religiöse Zwecke. Heute hat Kollege Höchtl die Katze aus dem Sack gelassen und von einem Sektenvermeidungsgesetz – zwar nicht expressis verbis, aber dem Inhalt nach – gesprochen.

Frau Bundesminister! Wir verkennen nicht die Bemühungen, diese Problematik in den Griff zu bekommen, und wir verkennen auch nicht Ihren Versuch, eine Religionsgemeinschaft mit den fünf oder sieben von Ihnen vorgegebenen Punkten zu definieren. Wir haben aber nach eingehenden Beratungen auch in verfassungsrechtlicher Hinsicht – Frau Kollegin Madl hat das bereits angedeutet – die Erkenntnis gewonnen, daß dieses Gesetz in der vorliegenden Form nicht reif zur Abstimmung ist. Wir haben im Ausschuß dafür plädiert, daß man uns die Gelegenheit geben möge, Formulierungen zu finden, die zu einem Mehrparteien- beziehungsweise zu einem Fünfparteienantrag führen können. Denn diese sensible Materie verträgt es nicht, daß man aus der Hüfte schießt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Frau Bundesminister! Sie haben uns jetzt in sehr idealistischer Form Ihre Motive dargelegt. Sie haben uns nicht gesagt – was Kollege Öllinger angedeutet hat –, welche Not besteht, welche Fristversäumnisse es bereits gibt, wie unfinanzierbar das Gesetz 1978, würde man es konsequent weiter anwenden, für uns im Grunde ist. Ihre idealistischen Vorgaben halten der Realität nicht stand.

Kollege Höchtl hat jetzt gesagt, daß wir ein halbes Jahr darüber beraten haben. Ich würde mir wünschen, daß er das im Futurum gesagt hätte. – Geben Sie uns doch dieses halbe Jahr, darüber zu verhandeln! Denn so, wie wir im Ausschuß mit anschließendem Unterausschuß und dann sofort wieder im Ausschuß quasi zur Abstimmung gezwungen wurden, ist das nicht tolerabel. Wir haben bereits im Ausschuß eine Zustimmung zu Teilen dieses Gesetzes mit Vorbe


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