Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 104. Sitzung / Seite 123

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Ich meine, das ist der falsche Ansatz. Ich meine, daß es wirklich notwendig ist, im Rahmen einer fairen und offenen Debatte die Fakten auf den Tisch zu legen, Argumente anzuhören und auch Argumente anzunehmen, sodaß es in dieser sehr wesentlichen Frage für dieses Land zu einem breiten politischen Konsens kommt.

Herr Kollege Maitz! Es ist ja gar nicht notwendig, einen Keil zwischen die Regierungsparteien in Fragen der Sicherheitspolitik zu treiben, denn die beiden Regierungsparteien sind in ihren diesbezüglichen Positionen so weit voneinander entfernt, daß man tatsächlich meinen kann, es kommt ohnehin keine wirklich einheitliche politische Linie heraus.

Zur Frage Neutralität oder Beitritt zu einem europäischen Sicherheitssystem. Herr Kollege Maitz! Wir sind bei den verschiedensten politischen Diskussionen zusammengekommen, und immer wieder haben wir von dir dieses Schwarzweißmalen erlebt, haben wir von dir gehört, es gebe nur zwei Optionen: Neutralität pur oder Beitritt zur NATO. (Abg. Dr. Maitz: NATO-Neu!) Auch NATO-Neu. Ich glaube, das ist eine sehr enge und begrenzte Betrachtungsweise, weil es innerhalb dieser Bandbreite sehr wohl eine Vielzahl von Möglichkeiten und eine Vielzahl von Optionen gibt, die wir wählen können.

Ich glaube, daß es ganz wichtig ist, zu erkennen und zu akzeptieren, daß die sicherheitspolitische Diskussion und auch die Entwicklung der österreichischen Sicherheitspolitik ein dynamischer Prozeß sind, aber wir müssen mit diesem dynamischen Prozeß einmal beginnen. Der Anfang dieses dynamischen Prozesses soll aus unserer Sicht sein, daß wir, da wir ja seit 1995 Mitglied der Europäischen Union sind, die Chance, die sich aus der Mitgliedschaft zur Europäischen Union in sicherheitspolitischer Hinsicht ergibt, nutzen und Mitglied der Westeuropäischen Union werden. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Ich meine, wir sollten diese Mitgliedschaft im Wissen anstreben, daß am Ende dieser dynamischen Entwicklung, dieses dynamischen Prozesses durchaus die Integration in ein größeres europäisches Sicherheitssystem beziehungsweise, wenn es so sein soll, auch die Mitgliedschaft in der NATO stehen kann, aber wir müssen diesen Diskussionsprozeß, diesen politischen Prozeß zunächst einmal in Gang setzen. Hier sollte Österreich eine Vorreiterrolle übernehmen. Diese Position sollte im Rahmen der Europäischen Union entwickelt werden, denn die Europäische Union hat auch sicherheitspolitische Verantwortung auf dem Kontinent. Diese Europäische Union hat eine Verantwortung für eine Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik, und diese zu entwickeln, muß vordringliches Ziel sein, und da gehört das auch dazu, meine Damen und Herren. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Wir sehen in der Mitgliedschaft bei der Westeuropäischen Union deshalb auch einen ganz wesentlichen Aspekt, weil diese Mitgliedschaft auf der einen Seite bei gleichen Aufwendungen ein Mehr an Sicherheit bringt, das heißt, wir haben auch durchaus die Möglichkeit, Bedrohungen, welcher Art auch immer, gemeinsam mit der Europäischen Staatengemeinschaft zu begegnen, und auf der anderen Seite haben wir durch diese Mitgliedschaft die Möglichkeit, mitzugestalten und mit zu entwickeln. Gerade diese Mitgestaltungsmöglichkeiten sollten wir nutzen, damit die Westeuropäische Union eine Entwicklung nimmt, die Kollege Schieder heute hier bereits angeschnitten und aufgezeigt hat. Wir sollten auf europäischer Ebene die bestehenden Strukturen weiterentwickeln, sodaß wir tatsächlich zu mehr kommen als zur Mitgliedschaft im Rahmen eines Militärbündnisses, meine Damen und Herren. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Es ist daher wirklich bedauerlich, daß diese Annäherung an die europäischen Sicherheitsstrukturen – und ich habe das heute am Vormittag schon gesagt – verdeckt im Rahmen einer Geheimdiplomatie erfolgt und daß das Ganze am Parlament vorbeigeht.

Herr Bundesminister! Sie trifft dafür aber auch eine Mitverantwortung. Sie propagieren im besonderen Ausmaß die Mitgliedschaft bei der NATO, und all diese Verträge, die bislang mit der NATO abgeschlossen worden sind, sind hier am Parlament vorbeigegangen. Es sind Verträge, die eine Mitwirkung und Befassung des Parlaments eigentlich zwingend vorschreiben. Da wir darüber aber nicht diskutieren und beraten können, tun Sie mit Ihren ständigen Forderungen der Sache nichts Gutes. Solange in diesem Hohen Hause die bestehende Kooperation mit der


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