Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 104. Sitzung / Seite 170

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

De facto besteht auch keine Möglichkeit, Informationen zu bekommen. Es gibt keine Verpflichtung, daß EUROPOL entsprechende Informationen an betroffene Bürger weitergibt. Kollege Leikam! Du schüttelst wieder den Kopf. Ich werde dir Artikel 19 vorlesen – ich zitiere –:

"Ist eine Mitteilung über die Daten im Recht des befaßten Mitgliedstaats vorgesehen, so wird diese verweigert, soweit dies für die ordnungsgemäße Erfüllung der Aufgaben von EUROPOL erforderlich ist." – No na! Mit diesem Argument kann alles begründet beziehungsweise abgelehnt werden.

Ein weiteres Argument, mit dem ebenfalls alles begründet oder abgelehnt werden kann, ist der Schutz der Sicherheit der Mitgliedstaaten, der öffentlichen Ordnung oder die Bekämpfung von Straftaten. Das ist doch klar: Wenn eine Person als Zeuge, mögliche Begleitperson oder als was auch immer erfaßt werden kann, dann dient das aus der Sicht von EUROPOL zur Bekämpfung einer Straftat, und daher wird eine Auskunft verweigert. Das kann aber doch nicht Sinn und Zweck dieser Einrichtung sein!

Dasselbe gilt für die Formulierung "zum Schutz der Rechte und Freiheiten dritter Personen". Ich meine, daß es mit diesen Ausnahmebestimmungen de facto zu keiner Auskunft seitens EUROPOL kommen wird und daher die bürgerlichen Rechte eklatant eingeschränkt werden. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Zweiter Bereich: Es gibt de facto keine demokratische Kontrolle dieser EUROPOL, auch nicht durch das Europäische Parlament. Es ist nur ein Bericht an das Europäische Parlament vorgesehen, aber dieses hat überhaupt keine Möglichkeiten, abzulehnen oder konkrete Maßnahmen zu setzen. Es gibt keine Kontrolle durch die nationalen Parlamente; das ist überhaupt nicht vorgesehen. Die Einbindung des Europäischen Gerichtshofes ist unzureichend geregelt. Es ist bekannt, daß die Möglichkeit einer Kontrolle nur bei Streitfällen zwischen den Mitgliedstaaten besteht und es daher keine Kontrolle nach einem Standard, wie wir ihn uns vorstellen, gibt; einem Standard, der auch eines demokratischen Rechtsstaates würdig ist. Das kann nicht akzeptiert werden. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Dritter und letzter Punkt ist die Frage der Immunität, die den EUROPOL-Mitarbeitern zugestanden wird. Ich weiß, diese Frage werden wir noch gesondert beraten müssen, aber sie ist mit ein Grund dafür, warum wir die Errichtung dieses Amtes ablehnen. Diese Immunität geht so weit, daß die Mitarbeiter jeder Gerichtsbarkeit entzogen werden.

Die Aufhebung der Immunität ist Sache des Direktors der EUROPOL. Und folgendes finde ich ganz besonders "lustig": Er kann sie nur dann aufheben, "wenn es der Gerechtigkeit dient". Was heißt das? – Das ist eine Bestimmung, die völlig unverständlich ist, und daher wird es in der Tat zu keiner Aufhebung der Immunität kommen. Es wäre ein Mindesterfordernis, daß ein parlamentarischer Ausschuß eingerichtet wird, der sich mit dieser Frage konkret zu befassen hat und der dann als unabhängige Instanz darüber entscheidet, ob die Immunität einer bestimmten Person aufzuheben ist oder nicht. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Weiters sind sämtliche amtlichen Papiere, Schriftstücke und andere amtlichen Materialien unverletzlich und stehen unter uneingeschränktem Schutz. Damit tritt folgende Situation ein: Es wird eine Immunität für die EUROPOL festgelegt, die über den gerichtlichen Schutz von Nachrichtendiensten hinausgeht! – Meine Damen und Herren! Das ist unzumutbar! Es ist inakzeptabel, wenn Polizeieinheiten eine derartige Immunität genießen, daß sie letztendlich zum Staat im Staat werden können – und das auch sein werden. Wir Liberalen wollen einer derartigen Entwicklung weder in Europa noch in Österreich Vorschub leisten. Wir werden diese Vorlage daher ablehnen. – Danke. (Beifall beim Liberalen Forum.)

19.59

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Platter. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

20.00

Abgeordneter Günther Platter (ÖVP): Sehr verehrter Herr Präsident! Herr Minister! Meine Da


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite